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Albemarle – Schwache Nachfrage nach E-Autos sorgt für herbe Gewinnwarnung
Der weltgrößte Lithiumhersteller hat enttäuschende Quartalszahlen vorgelegt. Vorstandschef Kent Masters hat daraufhin die Prognose für das Gesamtjahr kräftig gesenkt.
In die Nähe des Drei-Jahres-Tiefs ist die Albemarle-Aktie gesunken. Gegenüber dem Rekordhoch vom November 2022 ist das Papier damit um herbe 60 Prozent abgestürzt.
Grund ist der Verfall des Lithiumpreises, weil es ein Überangebot an dem Rohstoff gibt, während gleichzeitig die Nachfrage nach E-Autos – und damit nach Lithium für deren Batterien - aufgrund der stark gestiegenen Zinsen gerade in den USA und in Europa schwächer ist als erwartet. Der Lithiumpreis ist seit Jahresanfang um mehr als 60 Prozent eingebrochen.
Das schwierige Umfeld spiegeln die Neun-Monats-Ergebnisse des US-Konzerns Albemarle klar wider. Nachdem sich die Ergebnisse in den vergangenen Quartalen rapide abgeschwächt haben, ist der Umsatz im dritten Quartal um lediglich 10 Prozent auf 2,3 Milliarden Dollar gestiegen.
Herber Gewinneinbruch
Das Geschäft wird in 3 Bereiche aufgeteilt.
Der mit weitem Abstand größte Umsatz- und Gewinnlieferant ist der Bereich „Energy Storage“ („Energiespeicher“). So ist trotz eines Absatzanstiegs um 40 Prozent der Erlös der Sparte um nur 20 Prozent auf 1,7 Milliarden Dollar geklettert. Damit macht die Sparte 73,5 Prozent des Konzernumsatzes aus.
Allerdings ist der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) der Sparte um 62 Prozent auf 407,5 Millionen Dollar eingebrochen. Damit ist die Marge auf nurmehr 24 Prozent kollabiert, gegenüber sensationellen 76,7 Prozent im Vorjahreszeitraum!
So ist es aus, wenn man plötzlich im größten Geschäftsbereich einen Preiseinbruch hat, nachdem man im Vorjahr von einer Preisexplosion profitiert hatte. Die guten Zeiten sind aber lange vorbei.
Auf Rang 2 folgt der Bereich „Specialties“ („Spezialitäten“), dessen Umsatz im dritten Quartal 2023 um 20 Prozent auf 352,7 Millionen Dollar gesunken ist, weil die Nachfrage schwach war, gerade aus dem Bereich Konsumelektronik. Das bereinigte Ebitda ist auf 46,3 Millionen Dollar eingebrochen.
Hingegen hat der Bereich „Ketjen“, der Katalysatorlösungen für die Petrochemie, Raffinerien und Spezialchemie herstellt, bei einem deutlichen Erlösanstieg auf 260,7 Millionen Dollar das bereinigte Ebitda mehr als verdreifacht auf 15,1 Millionen Dollar.
Abzüglich der Kosten auf Konzernebene ist das bereinigte Ebitda des Unternehmens um 62 Prozent auf 453,3 Millionen Dollar nach unten gerauscht, womit die Marge von 56,9 Prozent auf nurmehr 19,6 Prozent eingebrochen ist. Das ist ein dramatischer Margenverfall!
Prognose gesenkt
Vorstandschef Kent Masters hat auf die schwachen Ergebnisse reagiert und die Prognose fürs Gesamtjahr kräftig eingedampft, nachdem er sie bei der Vorlage der Halbjahreszahlen am 2. August noch stark angehoben hatte.
So soll der Umsatz im Gesamtjahr 2023 9,5 bis 9,8 Milliarden Dollar erreichen, das entspricht einem Wachstum von 30 bis 35 Prozent, statt der zuvor geplanten 10,4 bis 11,5 Milliarden Dollar (plus 40 bis 55 Prozent). Die neue Prognose lag damit deutlich unter den Schätzungen der Analysten von knapp 10,3 Milliarden Dollar.
Den Ausblick für das bereinigte Ebitda hat Masters auf 3,2 bis 3,4 Milliarden Dollar eingedampft, statt der zuvor avisierten 3,8 bis 4,4 Milliarden Dollar. Damit geht die Margenprognose auf 34 bis 35 Prozent zurück von 37 bis 38 Prozent.
Und den Ausblick für den bereinigten Gewinn je Aktie hat der Vorstandschef kräftig gestutzt auf 21,50 bis 23,50 Dollar, statt der zuvor geplanten 25,00 bis 29,50 Dollar.
Der Vorstandschef hat zudem betont, dass die Prognose – wie bei Albemarle üblich – auf der Annahme beruht, dass die Lithiumpreise bis zum Jahresende auf dem aktuellen Niveau bleiben würden.
Im Klartext: Falls die Preise auf Talfahrt bleiben sollten, was ich befürchte, dürften die 2023er-Zahlen von Albemarle schlechter ausfallen als das Management in Aussicht gestellt hat.
Masters geht zudem davon aus, dass bei dem aktuellen Preisniveau die bereinigte Ebitda-Marge im Bereich Energiespeicher üblicherweise im Bereich zwischen 30 und 40 Prozent liegen werde. Bislang hatte der Vorstandschef immer eine Spanne von mehr als 45 Prozent in Aussicht gestellt, aber aufgrund des Preisverfalls bei Lithium muss Masters reagieren und die Margenprognose an die Realität anpassen.
Auf die Kostenbremse treten
Allerdings hat Masters die Investitionsprognose für 2023 von 1,9 bis 2,1 Milliarden Dollar bestätigt, will doch der Firmenlenker in das erwartete Wachstum für 2024 investieren, zumal die Nachfrage nach E-Autos im kommenden Jahr deutlich steigen soll und zudem die Nachfrage aus anderen Bereichen, wie Mobilität und Energie, weiter zunehmen soll.
Dass Masters in dem schwierigen Umfeld allerdings Mitte Oktober die ursprünglich geplante 4,2 Milliarden Dollar schwere Übernahme der australischen Lithiumfirma Liontown Resources abgesagt hat, sollte niemanden überraschen.
Masters drückt zudem weiter auf die Kostenbremse. So sollen im Gesamtjahr „Produktivitätsverbesserungen“, sprich Einsparungen, von mehr als 170 Millionen Dollar erreicht werden.
Davon sollen 70 Millionen Dollar aus der Produktion und die restlichen 100 Millionen Dollar aus dem Einkauf kommen, will der Konzern doch unter anderem von den gesunkenen Rohstoffpreisen profitieren. 2024 will Masters zusätzliche Einsparungen erzielen.
Analysten sagen deutlichen Gewinnrückgang vorher
Analysten prognostizieren für 2024 lediglich einen leichten Umsatzrückgang auf knapp 9,3 Milliarden Dollar. Hingegen soll das bereinigte Ebitda um rund 15 Prozent sinken auf knapp über 2,8 Milliarden Dollar.
Laut den Schätzungen der Finanzprofis soll bei der Profitabilität im vierten Quartal 2023 mit einem bereinigten Ebitda von rund 230 Millionen Dollar das Tief erreicht werden, was neben saisonalen Effekten auch an ein paar Sondereffekten liegt. Im ersten Quartal 2024 soll das Ebitda dann auf rund 560 Millionen Dollar nach oben schießen und in den Folgequartalen sukzessive jeweils deutlich steigen.
Ich halte diese Schätzungen für viel, viel zu optimistisch. Falls es 2024 zu einer US-Rezession kommen sollte, was ich befürchte, und daraufhin die Weltwirtschaft sehr schwach sein sollte, dürfte das Wachstum des Marktes für E-Autos deutlich hinter den Schätzungen der Experten zurückbleiben, womit der Preisdruck bei Lithium anhalten dürfte. In dem Szenario dürfte das Ebitda von Albemarle viel stärker einbrechen, als die Finanzprofis derzeit vorhersagen.
Wie geht’s weiter mit der Aktie?
Der Börsenwert von Albemarle liegt bei 15,0 Milliarden Dollar. Inklusive der Nettoschulden von 2,2 Milliarden Dollar liegt der Enterprise Value (EV) bei 17,2 Milliarden Dollar. Das ist das 6,1-Fache des erwarteten 2024er-Ebitda.
In einem Umfeld, in dem die Lithiumpreise auf Talfahrt sind, ist das meiner Meinung nach eine deutlich zu hohe Bewertung. Zumal ich wie geschrieben befürchte, dass die Schätzungen der Analysten für 2024 viel zu optimistisch sein dürften.
Solange die schlechten Nachrichten aus dem Bereich E-Autos anhalten sollten, gerade aus den USA und Europa, und möglicherweise bald auch aus China (das Land macht rund 60 Prozent des weltweiten Absatzes von E-Autos aus), sollte meiner Meinung nach die Albemarle-Aktie auf Talfahrt bleiben.
BNP Paribas hat die Aktie von Albemarle (890167) neu in die Palette aufgenommen und bietet neben Mini Futures und Unlimited Turbos auch Faktor Optionsscheine an.
Egmond Haidt
Nach der Bankausbildung und dem BWL-Studium arbeitete er ab 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit Juli 2013 ist der Finanzjournalist als Freiberufler tätig. Jeden Dienstag ab 18 Uhr analysiert er die neuesten Entwicklungen am Finanzmarkt in der Sendung Euer Egmond.
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