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American Airlines – Etliche Faktoren sorgen für Sinkflug
Viele Fluggesellschaften haben von der aufgrund der Pandemie aufgestauten Nachfrage kräftig profitiert. Allerdings läuft diese Sonderkonjunktur aus, weshalb etliche Airlines zuletzt Investoren mit schlechten Nachrichten enttäuscht haben.
Welchen Unterschied doch 8 Wochen ausmachen können: Noch Mitte Juli war die Aktie von American Airlines mit Kursen von knapp unter 19 Dollar auf das höchste Niveau seit April 2020 gestiegen. Anschließend ist das Papier aber um 30 Prozent abgestürzt und nähert sich damit dem niedrigsten Niveau seit November 2020. Das Unternehmen ist eine der führenden Fluggesellschaften der USA.
Zuletzt hat sich der Sinkflug beschleunigt, nachdem American Airlines am 13. September eine herbe Gewinnwarnung für das dritte Quartal abgegeben hat – und dass nur 2 Monate nachdem Vorstandschef Robert Osim die Prognose angehoben hatte. Nun hat der Konzern gewarnt, dass der Preis für Flugbenzin für das Quartal deutlich gestiegen sei auf 2,90 bis 3,00 Dollar, gegenüber der ursprünglichen Planung von 2,55 bis 2,65 Dollar.
Zudem führe ein neuer Abschluss mit den Piloten zu einer Nachzahlung von fast 230 Millionen Dollar, die im dritten Quartal verbucht werden soll. Wegen dieser 2 Faktoren werde die bereinigte operative Marge bei lediglich 4,0 bis 5,0 Prozent liegen, und damit nur halb so hoch wie ursprünglich geplant (8,0 bis 10,0 Prozent).
Dabei belaste die Nachzahlung an die Piloten die Marge um rund 1,7 Prozentpunkte, der Rest sei auf die höheren Spritpreise zurückzuführen. Daher werde der bereinigte Gewinn je Aktie nur 0,20 bis 0,30 Dollar erreichen, statt der zuvor in Aussicht gestellten 0,85 bis 0,95 Dollar.
Vor dem Hintergrund der herben Gewinnwarnung scheinen die guten Zahlen für das zweite Quartal in weiter Ferne zu liegen. Dabei war der Umsatz dank der Aufstockung der Kapazitäten und der starken Nachfrage nach internationalen Langstreckenflügen um 4,7 Prozent auf den Rekord von 14,1 Milliarden Dollar gestiegen. Mehr als 90 Prozent der Konzernerlöse entfielen auf Flugtickets, der Rest auf das kleine Frachtgeschäft und sonstige Einnahmen.
Dabei hat sich der operative Gewinn, gemessen am Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) mehr als verdoppelt auf den Spitzenwert von 2,2 Milliarden Dollar, wodurch die Marge von 7,6 auf 15,4 Prozent nach oben geschossen ist.
Andere US-Airlines senken Prognosen
Die zuletzt aber schlechten Nachrichten von American Airlines setzt eine Reihe ähnlich enttäuschender Meldungen von anderen US-Fluggesellschaften fort. So hatte der Billigflieger Spirit Airlines gewarnt, dass er „heftige“ Preisnachlässe für Flüge für die zweite Hälfte des dritten Quartals bis zur Reisezeit vor Thanksgiving (Erntedankfest, 23. November) gesehen habe.
Daher werde der Umsatz im dritten Quartal deutlich unter der vorherigen Prognose liegen. Deswegen und wegen der stark gestiegenen Spritpreise werde eine bereinigte operative Marge von minus 14,5 Prozent bis minus 15,5 Prozent zu Buche stehen, statt der geplanten minus 5,5 Prozent bis minus 7,5 Prozent.
Offensichtlich läuft der Boom beim Fliegen nach der Pandemie in den USA rapide aus, weil viele Amerikaner wegen der hohen Inflation und der stark gestiegenen Zinsen auf die Ausgabenbremse treten müssen.
Ins gleiche Horn wie Spirit Airlines blies ein anderer Billigflieger, Frontier Group. In den vergangenen Wochen sei die Nachfrage schwächer als saisonal üblich gewesen, zudem sei es verstärkt zu Stornierungen gekommen, nicht nur wetterbedingt, sondern auch wegen der schwachen Nachfrage.
Außerdem würden die deutlich höher als erwarteten Preise für Flugbenzin auf das Ergebnis durchschlagen. Daher werde der Konzern entgegen der ursprünglichen Planung beim bereinigten Ergebnis vor Steuern einen Verlust ausweisen.
Gelingt geplanter Schuldenabbau?
Die Nachrichten von Spirit Airlines und Frontier, die hauptsächlich in den USA aktiv sind, haben meiner Meinung nach völlig zu Recht Sorge um eine schwache Nachfrage in den USA geschürt. Meiner Meinung nach ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis dieser Gegenwind auch American Airlines erreicht.
Das wäre ein denkbar schlechtes Umfeld, wenn die Nachfrage schwächelt, was zu Preisdruck führt und damit den Umsatz belastet. Verschärft wird die Lage durch die hohen und möglicherweise weiter steigenden Preise für Flugbenzin.
In dem Szenario könnte es American Airlines schwerfallen, die Schulden von zuletzt 44,6 Milliarden Dollar bis zum Ende des Jahres auf rund 43 Milliarden Dollar abzubauen, wie es Vorstandschef Isom bei der Vorlage der Halbjahreszahlen gesagt hatte. Mitte 2021 lagen die Schulden noch auf dem Rekord von 54 Milliarden Dollar.
Abzüglich des Cash-Bestands sind die Nettoschulden zum Ende des zweiten Quartals 2023 wegen der starken Geschäftsentwicklung auf 32,5 Milliarden Dollar gesunken.
Wie geht’s weiter mit der Aktie?
Analysten sagen für 2023 einen Umsatzanstieg um 8,0 Prozent auf 52,9 Milliarden Dollar vorher. Zudem soll das bereinigte Ebit auf 4,3 Milliarden Dollar nach oben schießen, womit sich die Marge mehr als verdoppeln würde auf 8,2 Prozent.
Der Börsenwert liegt bei 8,6 Milliarden Dollar. Inklusive der Nettoschulden von 32,5 Milliarden Dollar liegt der sogenannte Enterprise Value (EV) damit bei herben 41,1 Milliarden Dollar. Das ist das 9,6-Fache des erwarteten Ebit für 2023. Für ein derartig zyklisches Geschäft wie jenes von American Airlines halte ich das für eine sehr hohe Bewertung.
Laut den Schätzungen der Analysten soll zudem das Ebit im kommenden Jahr bei 4,3 Milliarden Dollar stagnieren. In einem schwierigen Umfeld sollte sich das meiner Meinung nach als eine sehr ambitionierte Schätzung herausstellen.
Die Analysten haben auf die Gewinnwarnung von American Airlines reagiert und die Schätzung für den bereinigten 2023er-Gewinn je Aktie auf 2,83 Dollar eingedampft, nachdem Isom bei der Vorlage der Halbjahreszahlen die Prognose noch auf 3,00 bis 3,75 Dollar angehoben hatte. Das ist inzwischen allerdings reine Makulatur.
Laut dem Konsens soll zudem der bereinigte Gewinn je Aktie 2024 leicht zurückgehen auf 2,80 Dollar. Damit liegt das KGV auf dieser Basis bei nur 4,7, was viel besser zu dem zyklischen Geschäft der Fluggesellschaft passt. Allerdings wird bei dieser Kennzahl die hohe Verschuldung nicht berücksichtigt, weshalb ich – ebenso wie viele Analysten und Investoren – in erster Linie auf den EV schaue.
Fazit: Ich gehe davon aus, dass die 2 Monate in Folge gestiegene US-Inflationsrate auf zuletzt 3,7 Prozent, die kräftig gestiegenen Benzinpreise und die stark gestiegenen Zinsen die US-Verbraucher in den nächsten Monaten zusehends belasten werden. Umso mehr könnten die US-Konsumenten auf die Ausgabenbremse treten, grade bei Reisen ins Ausland und damit auch beim Fliegen.
Damit bekäme American Airlines ebenso wie die Billigflieger, aber auch die anderen führenden Unternehmen der Branche, wie Delta Airlines zunehmenden Gegenwind. Falls die Preise für Flugbenzin weiter steigen sollten, wäre das ein zusätzlicher Belastungsfaktor.
Vor dem Hintergrund erwarte ich, dass der Sinkflug der Aktie von American Airlines ebenso wie jene etlicher US-Konkurrenten weitergehen wird.
BNP Paribas bietet auf die Aktie von American Airlines (A1W97M) neben Mini Futures und Unlimited Turbos auch Optionsscheine und Faktor Optionsscheine an.
Egmond Haidt
Nach der Bankausbildung und dem BWL-Studium arbeitete er ab 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit Juli 2013 ist der Finanzjournalist als Freiberufler tätig. Jeden Dienstag ab 18 Uhr analysiert er die neuesten Entwicklungen am Finanzmarkt in der Sendung Euer Egmond.
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