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Barnes Group – Probleme von Boeing und Airbus schlagen durch

Der US-Hersteller von Komponenten für Luftfahrt und Industrie hat mit deutlichem Gegenwind zu kämpfen. Steht der Aktie eine nachhaltige Kehrtwende nach unten bevor?
Die Barnes Group befindet sich mitten im Konzernumbau, den Vorstandschef Thomas J. Hook Anfang 2023 angekündigt hatte und seitdem zügig vorantreibt. Allerdings hat das Unternehmen mit Gegenwind zu kämpfen, weshalb Hook bei der Vorlage der Halbjahreszahlen am 26. Juli 2024 die Prognose für das Gesamtjahr gesenkt hat. Daraufhin hat sich der jüngste Kursrückgang bei der Aktie ausgeweitet, nachdem sie sich in den vergangenen Monaten noch kräftig erholt hatte.
Der Vorstandschef fokussiert sich verstärkt auf das Zuliefergeschäft für die Luftfahrtindustrie und verkleinert gleichzeitig die Industriesparte. Letztere produziert Hard- und Softwaretechnologien, die sich auf die Verbesserung der Verarbeitung, Kontrolle und Nachhaltigkeit von technischen Kunststoffen sowie auf Lösungen für die industrielle Automatisierung konzentrieren.
So hat Barnes Ende August 2023 die Firma MB Aerospace für 740 Millionen Dollar gekauft und damit seine Luftfahrtsparte deutlich gestärkt – das war die größte Akquisition in der mehr als 165-jährigen Unternehmensgeschichte. MB Aerospace produziert Komponenten für Triebwerke und bietet Wartungsdienstleistungen für die führenden Unternehmen der Branche an.
Im Gegenzug hat Barnes Anfang April 2024 die Tochter Associated Spring and Hänggi für 175 Millionen Dollar an das Private-Equity-Unternehmen One Equity Partners verkauft und so eine Devestition in der Industriesparte durchgeführt und dabei die Abhängigkeit bei der Fertigung von Autoteilen verringert. Associated Spring and Hänggi stellt Bewegungskontrollsysteme für industrielle Anwendungen her.
Die Netto-Cash-Einnahmen von 150 Millionen Dollar wurden genutzt, um die Schulden abzubauen.
Marge sinkt etwas
Im zweiten Quartal ist der Umsatz von Barnes um 13 Prozent auf 382 Millionen Dollar gestiegen, das organische Wachstum lag bei 5 Prozent.
Zwar lief das Geschäft mit Ersatzteilen und Wartung für die Luftfahrtbranche gut, allerdings leiden die führenden Flugzeughersteller der Welt – Airbus und Boeing – jeweils unter Problemen mit der Lieferkette, während Boeing zusätzlich erhebliche Qualitätsprobleme hat.
Das belastet auch den Zulieferer Barnes deutlich, der Komponenten für Turbinentriebwerke und Flugzeugzellen an die Erstausrüster (englisch Original Equipment Manufacturer, kurz OEM) liefert.
Das Problem: das schwache Geschäft mit den OEM schlägt bei Barnes stärker durch als das gut laufende mit Ersatzteilen und Wartung. Barnes verschiebt das Geschäft dabei etwas weg von Boeing und mehr hin zu Airbus, will aber kein Personal abbauen, um von einer möglichen Erholung der Branche zu profitieren. Das drückt allerdings kurzfristig auf die Profitabilität.
Der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) legte daher auf Konzernebene um lediglich 9,5 Prozent auf 47,6 Millionen Dollar zu. Damit hat die Marge etwas nachgegeben, von 12,8 auf 12,4 Prozent.
Dabei ist das bereinigte Ebit in der Luftfahrtsparte um 56,3 Prozent auf 32,3 Millionen Dollar nach oben geschossen, was hauptsächlich am Kauf von MB Aerospace lag. Hingegen ist das Ebit in der Industriesparte um ein Drittel auf 15,3 Millionen Dollar eingebrochen, wobei der Verkauf von Associated Spring and Hänggi der entscheidende Faktor war.
Die Nettoschulden lagen bei 1,1 Milliarden Dollar. Das entsprach dem 3,5-Fachen des bereinigten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) der vorherigen vier Quartale. Bis Ende 2024 soll der Wert auf höchstens 3,0 gedrückt werden, bis Ende 2025 dann auf 2,5.
Prognose gesenkt
Bei der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen stutzte Hook den Ausblick. Demnach soll der Umsatz auf Konzernebene um lediglich 10 bis 12 Prozent steigen, statt der zuvor geplanten 13 bis 16 Prozent. Zudem soll das organische Wachstum bei lediglich 4 bis 6 Prozent liegen, statt der zuvor avisierten 5 bis 8 Prozent.
Dabei soll der Umsatz im Luftfahrtbereich um rund 50 Prozent zulegen, statt der zuvor geplanten 60 Prozent. Außerdem soll organisch ein Wachstum um unteren zweistelligen Prozentbereich erwirtschaftet werden, statt des zuvor avisierten Plus im mittleren Zehner-Prozent-Bereich. Grund ist wie oben geschrieben die Schwäche der Luftfahrtsparte im OEM-Geschäft.
Hingegen bestätigte der Vorstandschef die Prognose für die Industriesparte, die weiterhin ein organisches Wachstum im unteren einstelligen Prozentbereich erwartet.
Zwar bekräftigte Hook die Prognose für die bereinigte operative Marge von 12 bis 14 Prozent, da allerdings das Umsatzwachstum deutlich niedriger ausfallen soll als erwartet, bedeutet das, dass auch das bereinigte Ebit deutlich unter den vorherigen Erwartungen liegen wird.
Zudem schraubte der Firmenlenker den Ausblick für den bereinigten Gewinn je Aktie auf 1,55 bis 1,75 Dollar nach unten, von zuvor erwarteten 1,62 bis 1,82 Dollar.
Umso mehr tritt der Konzern auf die Kostenbremse. Für 2024 sollen aufs Jahr hochgerechnet Einsparungen von 38 Millionen Dollar erzielt werden, 2025 soll der Wert auf 42 Millionen Dollar ansteigen.
Wie geht’s weiter mit der Aktie?
Nach der Senkung der Prognose haben Analysten ihre Schätzungen für den Umsatz für 2024 und 2025 ebenso wie für das bereinigte Ebit und den bereinigten Gewinn je Aktie gekürzt.
Aktuell sagen die Finanzprofis für 2024 einen Umsatzanstieg um knapp 10 Prozent auf knapp 1,6 Milliarden Dollar vorher. 2025 soll sich das Wachstum auf 6,5 Prozent auf dann knapp 1,7 Milliarden Dollar abschwächen.
Zudem soll das bereinigte Ebit 2024 um ein Viertel auf 209,0 Millionen Dollar zulegen, gefolgt von einem Sprung um 13,5 Prozent auf 237 Millionen Dollar für 2025. Damit würde sich die Marge deutlich verbessern, zuerst auf 13,1 Prozent und 2025 sogar auf 14,0 Prozent.
Nach der jüngsten Umsatz- und Gewinnwarnung sollte allerdings jedermann klar sein, dass die Schätzungen der Analysten auf sehr wackligen Beinen stehen.
Der Börsenwert liegt bei 2,0 Milliarden Dollar. Inklusive der Nettoschulden von 1,1 Milliarden Dollar liegt der Enterprise Value (EV) bei 3,1 Milliarden Dollar.
Das entspricht dem 13,1-Fachen des von Analysten für 2025 vorhergesagten bereinigten Ebit. Ich finde, das ist eine völlig ausreichende Bewertung.
Und das 2025er-KGV liegt bei 19,4.
Ich gehe davon aus, dass sich der Kursrückgang bei Barnes kurzfristig ausweitet, denn Airbus und Boeing dürften ihre jeweiligen Probleme mit der Lieferkette nicht so schnell in den Griff bekommen. Daher gibt es meiner Meinung nach auch keine Aussicht auf eine baldige deutliche Belebung des Geschäfts bei Barnes.
BNP Paribas bietet auf die Aktie der Barnes Group (861254) Mini Futures und Unlimited Turbos an.
Egmond Haidt
Der Autor dieses Beitrags, Egmond Haidt, arbeitete nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium ab 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit Juli 2013 ist der Finanzjournalist als Freiberufler tätig. Jeden Dienstag ab 18 Uhr analysiert er die neuesten Entwicklungen am Finanzmarkt in der Sendung Euer Egmond.
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