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Birkenstock – Börsendebüt versetzt dem Hype einen herben Tiefschlag
Der Börsengang des deutschen Schuhherstellers Birkenstock in den USA hat für enormes mediales Interesse gesorgt. Investoren setzen darauf, dass das rasante Wachstum der vergangenen Jahre anhält.
Beim Börsengang von Birkenstock am 11. Oktober an der NYSE gab es eine Menge trüber Gesichter, nicht nur beim Schuhhersteller selbst, sondern gerade auch bei der Private Equity-Firma L Catterton. Der erste Kurs lag mit 41 Dollar weit unter dem Ausgabepreis von 46 Dollar, bis zum Handelsschluss ging es sogar bis auf 40,20 Dollar abwärts.
Tags darauf am Donnerstag war die Aktie weiter auf Talfahrt und ist zum Handelsschluss auf 37,55 Dollar abgerutscht, womit das Papier innerhalb von nur zwei Handelstagen um 18,4 Prozent unter den Emissionspreis gefallen ist. Das war ein sehr enttäuschendes IPO (Initial Public Offering).
Beim Debüt sind Aktien im Wert von knapp 1,5 Milliarden Dollar platziert worden. Nach dem jüngsten Kursrutsch ist der Börsenwert des Schuhherstellers aus Linz am Rhein damit auf 7,1 Milliarden Dollar eingebrochen.
L Catterton, eine Partnerschaft zwischen der Firma Catterton, dem Luxusgüterkonzern LVMH und Groupe Arnault, der Familienholding von LVMH-Chef Bernard Arnault, hatte im Jahr 2021 einen Mehrheitsanteil an Birkenstock zu einer Bewertung von rund 4 Milliarden Euro übernommen und seitdem kräftig in den Ausbau der Kapazitäten in Deutschland investiert, inklusive einem neuen 120 Millionen Euro teuren Werk in Pasewalk nördlich von Berlin. Nach dem Börsengang wird L Catterton rund 83 Prozent der Aktien an Birkenstock halten und damit weiterhin klar das Sagen haben.
Der Konzern will seinen knapp 500 Millionen Dollar schweren Anteil aus dem Emissionserlös vor allem für den Schuldenabbau nutzen. Zuletzt lagen die Nettoschulden bei 1,6 Milliarden Dollar.
Laut dem Bericht an die US-Börsenaufsicht SEC hat der 1774 gegründete Schuhhersteller das Wort „Fußbett“ im Jahr 1902 erfunden, womit die Entwicklung der Marke deutlich an Dynamik gewonnen hat. Seitdem dreht sich alles um das Motto „Naturgewolltes Gehen“, das auch heute noch den Konzern leitet.
Nachdem Birkenstocks lange Zeit als „Ökolatschen“ galten, ist der Erfolg der vergangenen 10 Jahre eng mit Vorstandschef Oliver Reichert verbunden, der seit Ende 2012 als erster familienfremder Chef an der Spitze des Unternehmens steht. Die ersten paar Jahre führte er den Konzern gemeinsam mit dem langjährigen Birkenstock-Manager Markus Bensberg, seit 2021 gibt Reichert alleine die Richtung vor.
Rasantes Wachstum
Und die Strategie war sehr erfolgreich. Zwischen den Fiskaljahren 2014 und 2022 ist der Umsatz um durchschnittlich 20 Prozent pro Jahr gewachsen und lag im per September beendeten Fiskaljahr 2021/22 bei 1,24 Milliarden Euro. Dabei entfielen im vergangenen Geschäftsjahr 54 Prozent der Erlöse auf die Region „Americas“ und 36 Prozent auf Europa, weil sich die Firma vor allem auf diese Märkte fokussiert hatte.
Zudem ist der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen und lag 2021/22 bei 434,6 Millionen Euro.
Und beim Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) standen 363,0 Millionen Euro zu Buche, das entspricht einer Marge von sensationellen 29,2 Prozent.
Das liegt deutlich über dem Vergleichswert für den Luxusgüterriesen LVMH, für den Analysten für das Jahr 2023 eine operative Marge von 26,7 Prozent vorhersagen. Zudem soll der weltgrößte Sportartikelhersteller Nike im per Mai endenden Fiskaljahr 2023/24 eine operative Gewinnspanne von „nur“ 12,6 Prozent erwirtschaften.
Wer sagt, dass man mit „Ökolatschen“ nicht eine Menge Geld verdienen kann? Dabei kosten die einfachen Modelle ab 40 Euro aufwärts, wohingegen für die teuren bis zu 1.600 Euro fällig werden.
Birkenstockschuhe im Barbie-Film
Im Geschäftsjahr 2022/23 ist es weiter aufwärts gegangen. Im per März beendeten 1. Halbjahr 2022/23 (das sind die neuesten Zahlen) ist der Umsatz um 18,7 Prozent auf 644,2 Millionen Dollar geklettert. Allerdings ist der operative Gewinn deutlich gesunken auf 117,6 Millionen Euro. Das ist allerdings vor allem auf einen Verlust aus der Währungsumrechnung von 47,8 Millionen Euro zurückzuführen.
Zuletzt hat das Unternehmen mit einem genialen Schachzug geglänzt. Einige Modelle waren in dem Blockbuster Barbie zu sehen, als die Hauptdarstellerin Margot Robbie in einer Szene ein paar pinke Birkenstock getragen hat.
Leider hat die Birkenstock-Aktie beim IPO aber überhaupt nicht vom Barbie-Hype profitieren können (siehe Beitrag „Mattel – Debüt das Barbie-Films sorgt für enormen Hype“).
Wie geht’s weiter mit der Aktie?
Leider gibt es derzeit noch keine öffentlich zugänglichen Umsatz- und Gewinnschätzungen zu Birkenstock. Da müssen sich Investoren noch etwas gedulden, dürfen doch Analysten in den USA in den 25 Tagen nach dem Börsendebüt keine Schätzungen veröffentlichen. Diese Frist endet bei Birkenstock am 5. November, am Tag darauf dürften dann die ersten bekanntgegeben werden.
Also mache ich selbst eine kleine Rechnung: Angenommen die Firma hat im Fiskaljahr 2022/23 das bereinigte Ebitda um 20 Prozent gesteigert und würde 2023/24 einen weiteren Zuwachs um 20 Prozent schaffen, dann läge es 2023/24 bei 625,8 Millionen Euro.
Falls das Ebit im gleichen Zeitraum ebenfalls um jeweils 20 Prozent zulegen würde, stünden 522,7 Millionen Euro zu Buche.
Zudem liegt der Börsenwert – wie oben geschrieben – bei 7,1 Milliarden Euro. Inklusive der Nettoschulden von 1,6 Milliarden Euro beläuft sich der sogenannte Enterprise Value (EV) auf 8,7 Milliarden Euro.
Das ist das 13,9-Fache des potenziellen 2023/24er-Ebitda und das 16,6-Fache des Ebit auf Basis meiner Schätzungen. Das zeigt, welch enormes Wachstum trotz des Kurseinbruchs immer noch in der Aktie eingepreist ist. Da steckt immer noch eine Menge Fantasie drin.
Ich fürchte, dass der sehr enttäuschende Börsenstart erst einmal weiter auf die Stimmung der Investoren und damit auf die Aktie drücken könnte, weshalb sie erst einmal die Talfahrt fortsetzen könnte, zumal das Papier meiner Meinung nach immer noch hoch bewertet ist.
BNP Paribas hat die Aktie von Birkenstock (A3EXD1) neu in die Palette aufgenommen und bietet neben Mini Futures auch Unlimited Turbos an.
Egmond Haidt
Nach der Bankausbildung und dem BWL-Studium arbeitete er ab 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit Juli 2013 ist der Finanzjournalist als Freiberufler tätig. Jeden Dienstag ab 18 Uhr analysiert er die neuesten Entwicklungen am Finanzmarkt in der Sendung Euer Egmond.
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