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Harley-Davidson – Inflation und hohe Zinsen führen zu Absatzeinbruch
Der US-Hersteller von Motorrädern hat einen deutlichen Ergebnisrückgang gemeldet. Vorstandschef Jochen Zeitz hat dennoch die 2023er-Ziele bestätigt.
Die Motorräder von Harley-Davidson und die Marke selbst genießen bei vielen Fans Kultstatus. Das 1903 gegründete Unternehmen hat viele schwierige Zeiten überstanden und ist dank seiner treuen Fans einer der weltweit größten Hersteller von Motorrädern geblieben.
Derzeit steht der Konzern einmal mehr vor deutlichen Herausforderungen. Daher war die Aktie Ende Oktober in die Nähe des Drei-Jahres-Tiefs abgerutscht, ehe sie anschließend im Zuge der Rally am Gesamtmarkt deutlich nach oben gedreht ist.
So war im dritten Quartal der Umsatz um 6 Prozent auf 1,55 Milliarden Dollar gesunken. Das Management-Team um Vorstandschef Jochen Zeitz, der ehemals Chef des Sportartikelherstellers Puma war, und Harley-Finanzchef Jonathan Root nannten die Gründe für den Erlösrückgang offen: die Inflation und die hohen Zinsen, weshalb sich viele potenzielle Kunden beim Kauf von Harleys zurückgehalten hätten, zumal sich einkommensschwächere Verbraucher schwergetan hätten, die monatlichen Raten für die Maschinen zu bezahlen.
Hinzu kamen die unerwarteten Produktionsprobleme im Juni und Juli, woraufhin viele Fahrzeuge erst zum Ende des dritten Quartals verfügbar waren.
Der operative Gewinn, gemessen am Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) ist um 38 Prozent auf 209 Millionen Dollar eingebrochen. Damit ist die Marge von 20,6 Prozent auf 13,5 Prozent zurückgegangen.
Kräftiger Absatzeinbruch
Das Geschäft von Harley ist in 3 Bereiche eingeteilt: Das Motorradgeschäft, die Finanzsparte und die börsennotierte Tochter LiveWire Group, die Elektromotorräder produziert.
Der Umsatz im Motorradgeschäft inklusive Ersatzteilen, Accessoires, etc. sank um 9 Prozent auf 1,3 Milliarden Dollar. Das lag unter den Schätzungen der Analysten von 1,36 Milliarden Dollar.
Dabei gingen bei einem Absatzeinbruch um 20 Prozent auf 45.300 Motorräder die Einnahmen aus dem Verkauf von Fahrzeugen um 9 Prozent auf 1,0 Milliarden Dollar zurück. Oder anders ausgedrückt: Der durchschnittliche Verkaufspreis lag bei knapp 22.600 Dollar pro Harley.
Der Umsatzrückgang wurde abgefedert durch leichte Preiserhöhungen. Zudem haben Kunden verstärkt teurere Fahrzeuge gekauft.
In dem schwierigen Konjunkturumfeld hat die Strategie von Vorstandschef Zeitz, sich vor allem auf den Verkauf teurer und damit margenstärkerer Fahrzeuge zu fokussieren, insgesamt allerdings erheblichen Gegenwind, wie der Absatzeinbruch unmissverständlich zeigt. Das Geschäft ist nämlich davon abhängig, dass Harley-Kunden alle paar Jahre von einem alten auf ein neues Motorrad umsteigen. Und wenn sich dieser Zeitraum verlängert, hat Harley Probleme.
Der operative Gewinn im Motorradgeschäft ist um 37 Prozent auf 175 Millionen Dollar eingebrochen, womit die Marge von 19,6 Prozent auf 13,5 Prozent eingeknickt ist. Neben dem Umsatzrückgang schlugen auch die höheren Löhne und die gestiegenen Werbeausgaben auf das Ergebnis durch.
Bei der Absatzverteilung nach Regionen verbuchten alle prozentual zweistellige Rückgänge. Der mit weitem Abstand größte Absatzmarkt von Harley ist Nordamerika. Von den Verkäufen von 41.700 Motorrädern an Privatkunden (also bereinigt um Flottenverkäufe) gingen 27.300 nach Nordamerika, das waren knapp zwei Drittel der gesamten Verkäufe an Privatkunden, davon gingen 25.336 in die USA. Die Region Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) liegt mit einem Absatz von 7.800 weit dahinter, gefolgt von 5.800 für Asien-Pazifik und 700 für Lateinamerika.
Beim zweiten Geschäftsbereich, der Finanzsparte, brach der operative Gewinn um 27 Prozent auf 59 Millionen Dollar ein. Dafür waren neben höheren Zinsausgaben auch deutlich gestiegene Kreditausfälle und höhere Rückstellungen für faule Kredite verantwortlich. So waren die Kreditausfälle in den ersten neun Monaten deutlich geklettert auf 2,7 Prozent des Kreditvolumens von Privatkunden, nach 1,2 Prozent für das Gesamtjahr 2021 und 1,9 Prozent für 2022.
Zudem hat der dritte Bereich, LiveWire, im dritten Quartal 2023 einen Absatzeinbruch um 76 Prozent auf lediglich 50 Elektromotorräder verbucht. Der operative Verlust stieg deutlich auf 25 Millionen Dollar.
Prognose bestätigt
Trotz des schwierigen Geschäftsumfelds bestätigte Zeitz die Prognose fürs Gesamtjahr. Demnach soll der Umsatz im Motorradgeschäft stabil bleiben oder um bis zu 3 Prozent zulegen. Dabei wird für den Bereich eine operative Marge von 13,9 bis 14,3 Prozent angepeilt, gegenüber 13,9 Prozent für 2022.
Hingegen soll der operative Gewinn der Finanzsparte um 20 bis 25 Prozent sinken im Vergleich zum Vorjahreswert von 318 Millionen Dollar. Und LiveWire strebt bei einem Absatz von 600 bis 1000 E-Motorrädern einen operativen Verlust von 115 bis 125 Millionen Dollar an, nach einem Verlust von 85 Millionen für 2022.
Auf Konzernebene plant Zeitz für 2023 mit Investitionen von 225 bis 250 Millionen Dollar.
Um sich gegen das schwache Konjunkturumfeld und damit die sinkende Nachfrage nach teuren Motorrädern zu stemmen, hat Harley am 3. und 4. Oktober eine Messe in Milwaukee für die hauseigenen Händler durchgeführt – die erste ihrer Art –, um ihnen die neuen Produkte vorzustellen, und die Händler auf das Jahr 2024 einzuschwören. Denn sie seien ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, um Kunden zu begeistern und so künftig das Wachstum voranzutreiben.
Auf der Analystenkonferenz räumte Zeitz allerdings ein, dass das Umfeld erst einmal herausfordernd bleiben dürfte, weshalb der Konzern stark auf die Kosten und die Verbesserung der Produktivität achten werde.
Wie geht’s weiter mit der Aktie?
Analysten prognostizieren für 2023 einen leichten Umsatzanstieg auf 4,93 Milliarden Dollar. 2024 soll der Erlös um 1 Prozent auf 4,97 Milliarden Dollar zulegen.
Hingegen soll das Ebit 2023 auf 755 Millionen Dollar einbrechen und 2024 praktisch auf dem Vorjahresniveau stagnieren. Zudem soll der Gewinn je Aktie 2024 um 6 Prozent auf 4,38 Dollar sinken, gegenüber erwarteten 4,67 Dollar für 2023.
Die Zahlen zeigen die Skepsis der Analysten unmissverständlich. Sie gehen von keiner Geschäftsbelebung aus, auch nicht, wenn man sich die Schätzungen für die einzelnen Quartale des Jahres 2024 anschaut.
Die Sorge ist meiner Meinung nach mehr als nachvollziehbar, denn im Szenario einer möglichen US-Rezession dürften sich potenzielle Harley-Kunden 2024 noch mehr mit Käufen zurückhalten als ohnehin schon. Gleichzeitig sehe ich weiterhin klar das Risiko, dass die Weltwirtschaft im kommenden Jahr schwach sein könnte, was zwangsläufig auf die Nachfrage nach Harleys drücken würde.
Der Börsenwert liegt bei 5,0 Milliarden Dollar. Inklusive der Nettoschulden von 5,4 Milliarden Dollar liegt der Enterprise Value (EV) damit bei 10,4 Milliarden Dollar. Das entspricht dem 13,8-Fachen des für 2024er erwarteten Ebit.
Das finde ich eine sehr hohe Bewertung für ein Unternehmen mit einem derartig zyklischen Geschäft wie Harley-Davidson. Da hilft es auch nicht viel, dass die Ebit-Marge 2023 und 2024 laut den Schätzungen der Analysten jeweils etwas mehr als 15 Prozent erreichen soll.
Das KGV liegt hingegen bei lediglich 8,1 – was auf den ersten Blick günstig aussieht. Allerdings berücksichtigt das KGV nicht die Schulden, weshalb ich zuerst immer auf den EV schaue.
Die hohe Bewertung von Harley-Davidson spielt für viele Investoren derzeit aber keine Rolle. Die Investoren dürften vielmehr weiter darauf setzen, dass der Einbruch der US-Zinsen und damit auch der Rückgang der Zinsen für Fahrzeugkredite weitergehen sollte, womit teure Motorräder etwas erschwinglicher würden als zuvor. Das würde das Geschäft von Harley-Davidson ankurbeln.
Vor dem Hintergrund dürfte die Harley-Aktie erst einmal auf Erholungskurs bleiben.
BNP Paribas bietet auf die Aktie von Harley-Davidson (871394) neben Mini Futures und Faktor Optionsscheine an.
Egmond Haidt
Nach der Bankausbildung und dem BWL-Studium arbeitete er ab 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit Juli 2013 ist der Finanzjournalist als Freiberufler tätig. Jeden Dienstag ab 18 Uhr analysiert er die neuesten Entwicklungen am Finanzmarkt in der Sendung Euer Egmond.
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