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Iberdrola – Den Mittelfristzielen um ein Jahr voraus

Der spanische Versorger erfreut sich guter Geschäfte. Vorstandschef Amando Martinez treibt die Expansion weiter energisch voran.
Der Chef des Aufsichtsrats des spanischen Versorgers Iberdrola, Jose Sanchez Galán, hat wiederholt gesagt, das 21. Jahrhundert werde ebenso das Jahrhundert der Elektrizität werden, wie das 20. Jahrhundert jenes von Öl und das 19. jenes der Kohle gewesen sei. Demnach werde der Stromverbrauch innerhalb von zwei Jahrzehnten von derzeit 20 Prozent auf 40 Prozent des Energieverbrauchs ansteigen. Laut der International Energy Agency (IEA) soll der weltweite Stromverbrauch zwischen 2023 und 2035 um durchschnittlich 3,0 Prozent pro Jahr zulegen.
Genau in dieses Szenario, also vor allem in Netze und erneuerbare Energien, investiert Iberdrola-Vorstandschef Amando Martinez kräftig, um zusätzliche Möglichkeiten für Umsatz- und Gewinnwachstum zu generieren. Die Gründe für die deutlich steigende Nachfrage nach Strom in allen Ländern der Welt sind hinlänglich bekannt, von E-Autos, über die Energiewende und Wärmepumpen, bis hin zu Rechenzentren für KI-Anwendungen.
Gute Ergebnisse
In den ersten drei Quartalen ist der Umsatz von Iberdrola zwar um 11 Prozent auf 33,1 Milliarden Euro gesunken.
Weil allerdings die Beschaffungskosten deutlich stärker zurückgegangen sind, gerade für Erdgas, ist der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um 23 Prozent auf 13,3 Milliarden gestiegen. Zudem ist der Gewinn unterm Strich um 50 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro geklettert.
Bereinigt um den Verkauf von 12 Kraftwerken in Mexiko Ende Februar legte das Ebitda um 11 Prozent auf 11,6 Milliarden Euro zu, sowie der Gewinn um 22 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro.
Dabei stieg einerseits das bereinigte Ebitda im Netzgeschäft um 11 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro. Wachstumsmotoren waren die Geschäfte in Großbritannien, Brasilien und den USA, wobei größere Netze und höhere Durchleitungsentgelte das Ergebnis nach oben getrieben haben. Dabei entfielen 32 Prozent des bereinigten Ebitda im Netzgeschäft auf Brasilien, gefolgt von 25 Prozent für Spanien, Großbritannien 22 Prozent und 21 Prozent für die USA.
Andererseits legte das bereinigte Ebitda im zweiten Geschäftsbereich, Energieerzeugung und Kunden, ebenfalls um 11 Prozent zu und erreichte 6,7 Milliarden Euro, beflügelt wurde es vor allem vom Geschäft auf der iberischen Halbinsel, sowie in den USA. Dabei stammten 56 Prozent des bereinigten Ebitda von der iberischen Halbinsel, 19 Prozent aus Großbritannien, 11 Prozent aus den USA, der Rest von 14 Prozent entfiel auf andere Länder.
Die Zahlen zeigen, wie gut diversifiziert das Unternehmen insgesamt ist, gerade durch die Geschäfte in den USA und Brasilien.
Der Konzern hat zudem die Investitionen um 12 Prozent auf 8,6 Milliarden Euro gesteigert, davon entfielen 4,4 Milliarden Euro auf das Netzgeschäft, sowie 3,5 Milliarden auf erneuerbare Energien.
Zudem hat der Konzern zuletzt 2 Übernahmen im Netzgeschäft getätigt, einerseits die Übernahme eines 88-Prozent-Anteils an der englischen Firma Electricity North West (ENW) für umgerechnet 2,5 Milliarden Euro und andererseits der Kauf der restlichen Anteile von 18,4 Prozent an Avangrid in den USA. ENW hat ein Stromnetzwerk mit einer Länge von 60.000 Kilometern, und versorgt fast 5 Millionen Kunden im Nordwesten Englands.
Außerdem hat der Offshore-Windpark Saint Briec in Frankreich im September den Betrieb aufgenommen. Zudem sind im Baltic Eagle-Projekt in der Ostsee vor Deutschland sämtliche Windkraftanlagen installiert worden.
Das Unternehmen hat zudem Aufträge im Bereich Offshore-Wind an Land gezogen, dabei einer von 1.000 Megawatt (MW) in Großbritannien, sowie 800 MW in den USA.
Die bereinigten Nettoschulden sanken per Ende September um 1,2 Milliarden Euro auf 46,7 Milliarden Euro. Damit beliefen sie sich auf das 3,1-Fache des Ebitda der vergangenen 4 Quartale.
Prognose angehoben
Weil das Geschäft insgesamt deutlich besser läuft als erwartet, hat der Vorstandschef die Prognose für 2024 angehoben. Demnach soll der bereinigte Gewinn um 14 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro steigen, statt des zuvor geplanten Wachstums im zweistelligen Prozentbereich, wobei Analysten von rund 11 Prozent ausgegangen waren. 2023 standen 4,8 Milliarden Euro zu Buche.
Zum Vergleich: Damit wäre der bereinigte Gewinn von Iberdrola für 2024 größer als jener von E.ON und RWE zusammen. E.ON hat 2,8 bis 3,0 Milliarden Euro in Aussicht gestellt, RWE 1,9 bis 2,4 Milliarden Euro.
Damit würde allerdings das von Iberdrola auf dem Kapitalmarkttag im März 2024 - bei der Präsentation der Mittelfristziele für den Zeitraum 2024 bis 2026 - ausgegebene Ziel für 2025 von 5,3 bis 5,4 Milliarden bereits 2024 übertroffen. Auf der Analystenkonferenz nach der Vorlage der Neun-Monats-Zahlen signalisierte der Vorstandschef daher, dass das 2025er-Ziel auf dem Kapitalmarkttag im Herbst 2025 angehoben werden dürfte.
Die Pläne für 2026 liegen derzeit bei 5,6 bis 5,8 Milliarden Euro. Diese Ziele könnte das Unternehmen möglicherweise schon 2025 erreichen, die Schätzungen der Analysten liegen bei knapp 5,7 Milliarden Euro.
Martinez betonte zudem, dass die jüngsten Übernahmen, sowie die Offshore-Wind-Projekte das Wachstum für den Zeitraum 2027 bis 2030 und darüber hinaus sichern würden. Und die steigende Nachfrage nach Strom für Rechenzentren würde ihr Übriges dazutun. Der Konzern baue daher die Lieferketten für die Bereiche Netze und erneuerbare Energien weiter aus.
So sehen die Schätzungen aus
Analysten prognostizieren für 2024 einen Umsatzrückgang um 2 Prozent auf 48,2 Milliarden Euro. Hingegen soll es 2025 um 2 Prozent auf 49,4 Milliarden Euro nach oben gehen.
Zudem soll der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) 2024 um 17 Prozent auf 10,3 Milliarden Euro steigen. Allerdings sagen die Finanzprofis für 2025 einen Rückgang um 2 Prozent auf knapp 10,3 Milliarden Euro vorher.
Damit würde die Marge zuerst auf 21,8 Prozent nach oben schießen, nur um 2025 deutlich nachzugeben auf 20,8 Prozent.
Wie geht’s weiter mit der Aktie?
Nachdem die Aktie Mitte Oktober noch auf Mehr-Jahres-Hochs gestiegen war, ist sie anschließend deutlich nach unten gedreht, ehe sie sich zuletzt etwas erholt hat.
Für den zwischenzeitlichen Rückgang dürften etliche Faktoren verantwortlich sein, gerade der kräftige Anstieg der Gaspreise in den USA und Europa, sowie der deutliche Zinsanstieg diesseits und jenseits des Atlantiks, letzterer könnte für höhere Zinsbelastungen sorgen.
Damit liegt der Börsenwert aktuell bei 84,3 Milliarden Euro. Inklusive der bereinigten Nettoschulden von 46,7 Milliarden Euro liegt damit der Enterprise Value (EV) bei 131,0 Milliarden Euro.
Das entspricht dem 12,8-Fachen des von Analysten für 2025 vorhergesagten Ebit. Das ist meiner Meinung nach keine zu hohe Bewertung, zumal sich die Profitabilität in den nächsten Jahren weiter deutlich besser entwickeln könnte, als Analysten und Investoren derzeit erwarten.
Und das 2025er-KGV liegt bei 14,8.
Meiner Meinung nach könnte die Iberdrola-Aktie kurzfristig seitwärts tendieren. Einerseits sehen die mittelfristigen Gewinnperspektiven gut aus. Andererseits könnten aber möglicherweise weiter steigende Gaspreise und steigende Zinsen auf kurze Sicht für Gegenwind bei dem Papier sorgen.
BNP Paribas hat die Aktie von Iberdrola (A0M46B) in die Palette der Basiswerte aufgenommen und bietet aktuell die ersten Mini Futures und Unlimited Optionsscheine auf diesen neuen Basiswert an.
Egmond Haidt
Der Autor dieses Beitrags, Egmond Haidt, arbeitete nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium ab 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit Juli 2013 ist der Finanzjournalist als Freiberufler tätig. Jeden Dienstag ab 18 Uhr analysiert er die neuesten Entwicklungen am Finanzmarkt in der Sendung Euer Egmond.
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