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Lear – Neue Aufträge und Trumps Strafzollpolitik sorgen für Zuversicht

Der US-Autozulieferer stemmt sich gegen das schwierige Umfeld. Geht die Erholung der Aktie weiter?
Wie schwierig das Umfeld für die Autozuliefererbranche ist, wissen die Aktionäre des Reifenherstellers Continental ebenso wie jene der ehemaligen Tochter Aumovio, von Schaeffler oder des US-Konkurrenten Lear. Er hat sich auf Sitze und Sitzkomponenten, sowie auf elektrische Verteilungs- und Anschlusssysteme, Stromverteilungsprodukte und andere elektronische Produkte spezialisiert.
Im dritten Quartal war die weltweite Produktion von Autos und leichten Nutzfahrzeugen nach etlichen schwachen Quartalen um lediglich 4 Prozent auf 22,3 Millionen gestiegen. Während der Absatz in China um 10 Prozent auf 7,7 Millionen Einheiten zulegte und jener in Nordamerika um 5 Prozent auf 3,9 Millionen kletterte, stand in der Region Europa und Afrika ein Plus von lediglich 1 Prozent auf 3,9 Millionen Einheiten zu Buche. Das alles hat auf das Geschäft von Lear durchgeschlagen.
Dabei ist der Umsatz von Lear um 2 Prozent auf 5,68 Milliarden Dollar gestiegen, das lag leicht über den Schätzungen der Analysten von 5,64 Milliarden Dollar. Dabei waren die Einnahmen aus dem Geschäft mit Sitzen um 3 Prozent auf 4,2 Milliarden Dollar geklettert und machten damit 75 Prozent der Konzernerlöse aus. Hingegen sind die Einnahmen im zweiten Geschäftsbereich, „E-Systems“, etwas gesunken, auf 1,4 Milliarden Dollar.
Dabei wurden beide Geschäftsbereiche durch den Cyber-Angriff auf den wichtigen Kunden Jaguar Land Rover (JLR) belastet, wodurch die Produktion dort ausgefallen und anschließend allmählich hochgefahren worden war, was bei Lear für einen Umsatzausfall von insgesamt 111 Millionen Dollar sorgte.
Daher ist der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von Lear um 15,5 Millionen Dollar oder 6 Prozent auf 241,1 Millionen Dollar gesunken, damit hat sich die Marge etwas verschlechtert, von 4,6 auf 4,2 Prozent. Dabei drückte der Vorfall bei JLR das Ebit von Lear um 31 Millionen Dollar, ohne diesen Sondereffekt hätte es also einen Zuwachs gegeben.
Zudem sank der bereinigte Gewinn je Aktie um 3,5 Prozent auf 2,79 Dollar, damit wurden allerdings die Erwartungen genau getroffen.
Allerdings hat sich der Free Cashflow mehr als verdreifacht, auf 246,1 Millionen Dollar. Die Firma hat diese erfreuliche Entwicklung genutzt, um für 100 Millionen Dollar Aktien zurückzukaufen, seit Jahresanfang summiert sich der Wert damit auf 150 Millionen Dollar. Aus dem bestehenden Programm sind damit noch rund 900 Millionen Dollar übrig, wovon im Gesamtjahr 2025 insgesamt 300 Millionen Dollar ausgegeben werden sollen.
Umsatzprognose angehoben
Auf der Analystenkonferenz zeigte sich Vorstandschef Ray Scott daher sehr zufrieden mit den Ergebnissen und schraubte den Umsatzausblick für das Gesamtjahr etwas nach oben. Demnach soll ein Erlös von 22,85 bis 23,15 Milliarden Dollar erreicht werden, statt der zuvor geplanten 22,47 bis 23,07 Milliarden Dollar.
Zudem grenzte der Firmenlenker die Prognose für das bereinigte Ebit auf 995 Millionen Dollar bis 1,055 Milliarden Dollar ein, gegenüber den zuvor avisierten 955 Millionen bis 1,095 Milliarden Dollar. Damit blieb die Mitte der Spanne unverändert bei 1,025 Milliarden Dollar. In der Mitte der jeweiligen Spannen zu Umsatz und bereinigtem Ebit würde die Marge damit bei 4,5 Prozent liegen.
Dabei sagte Scott, dass die Probleme bei JLR den Umsatz von Lear im vierten Quartal um 143 Millionen Dollar belasten würden, zudem werde das Ebit um 40 Millionen Dollar nach unten gedrückt. Der Firmenlenker betonte, dass er ohne diesen Sondereffekt den Ausblick deutlich nach oben geschraubt hätte, so würde die bereinigte Ebit-Marge im Gesamtjahr bei 4,7 Prozent liegen.
Außerdem peilt Scott für das Gesamtjahr nun eine Free Cashflow von 475 bis 525 Millionen Dollar an, statt der zuvor geplanten 420 bis 520 Millionen Dollar.
Zuversicht für die Zukunft
Scott gab sich zudem sehr erfreut, dass der Konzern etliche neue Aufträge gewonnen hätte, die andere, auslaufende Aufträge ersetzen und damit das künftige Wachstum ankurbeln sollen, darunter fünf Orders für Sitze von den chinesischen Autoherstellern BAIC, Dongfeng, Leapmotor, SAIC und Seres. Zudem habe die Firma im Bereich „E-Systems“ seit Jahresanfang Aufträge von 1,1 Milliarden Dollar an Land gezogen.
Gleichzeitig investiert das Unternehmen kräftig in Digitalisierung und Automatisierung und ist zudem eine Kooperation mit der US-Softwarefirma Palantir eingegangen, wovon sich Scott eine Menge verspricht. Diese Themen sollen 2025 Einsparungen von rund 70 Millionen Dollar bringen, 2026 und 2027 sollen jährlich zusätzlich 65 bis 75 Millionen Dollar hinzukommen.
Zusätzlich sind aus dem Restrukturierungsprogramm Kostensenkungen von 85 Millionen Dollar für 2025 geplant, wovon in den ersten 3 Quartalen bereits 55 Millionen Dollar realisiert worden seien.
Für Zuversicht bei Scott sorgt auch die Strafzollpolitik von US-Präsident Donald Trump, die in den nächsten Jahren zu einer kräftigen Verlagerung von Produktionskapazitäten aus dem Ausland in die USA führen soll.
Lear spreche mit Autoherstellern aus Deutschland, Europa, Südkorea und Nordamerika über das Onshoring in den USA, dafür sei Lear als einer der führenden US-Zulieferer hervorragend positioniert. Das könne ab Ende 2027 zu zusätzlichen Umsätzen führen.
Finanzchef Jason M. Cardew sagte, dass der Umsatz 2026 steigen soll, zudem sollen die Ebit-Margen in beiden Geschäftsbereichen verbessert werden, bei „E-Systems“ etwas mehr als im Geschäft mit Sitzen. Zudem soll der Gewinn zulegen.
So sehen die Schätzungen aus
Analysten prognostizieren für 2025 einen Umsatzrückgang von 1,4 Prozent auf 23,0 Milliarden Dollar. Hingegen soll der Erlös 2026 um 2 Prozent auf 23,5 Milliarden Dollar zulegen.
Dabei soll das bereinigte Ebit 2025 um 6,2 Prozent auf 1,03 Milliarden Dollar zurückgehen, hingegen 2026 um 7,4 Prozent auf 1,1 Milliarden Dollar zulegen. Damit würde die Marge zuerst etwas nachgeben, von 4,7 auf 4,5 Prozent, um 2026 zurück auf 4,7 Prozent zu klettern.
Wie geht’s weiter mit Aktie?
Nach der jahrelangen Talfahrt hat die Aktie Anfang April nach Trumps „Tag der Befreiung“ nach oben gedreht und seitdem um herbe 54 Prozent zugelegt, womit sie auf dem höchsten Niveau seit August 2024 notiert. Damit liegt der Börsenwert bei 6,0 Milliarden Dollar. Inklusive der Nettoschulden von 1,8 Milliarden Dollar liegt der Enterprise Value (EV) bei 7,8 Milliarden Dollar.
Das entspricht dem 7,1-Fachen des von Analysten für 2026 vorhergesagten Ebit. Die niedrige Bewertung zeigt, wie skeptisch Investoren die Aussichten für Lear einschätzen. Schließlich soll laut den Schätzungen der Analysten der Umsatz 2026 nur leicht steigen, während sich die Marge nur etwas erholen soll.
Und das 2026er-KGV liegt bei 8,2.
Meiner Meinung nach dürfte die Erholung der Lear-Aktie allerdings weitergehen, denn Investoren dürften weiter darauf setzen, dass die Fed 2026 ihren Zinssenkungskurs fortsetzen dürfte, was die US-Konjunktur ebenso ankurbeln würde wie das billionenschwere Steuersenkungsprogramm von Trump. In diesem Szenario hellen sich die Aussichten für den US-Autozulieferer weiter auf.
BNP Paribas bietet auf die Aktie von Lear (A0YERL) Mini Futures, Unlimited Turbos, Faktor-Optionsscheine und weitere Produkte an.

Egmond Haidt
Der Autor dieses Beitrags, Egmond Haidt, arbeitete nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium ab 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit Juli 2013 ist der Finanzjournalist als Freiberufler tätig. Jeden Dienstag ab 18 Uhr analysiert er die neuesten Entwicklungen am Finanzmarkt in der Sendung Euer Egmond.
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