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Lineage – Investoren bereiten größtem US-Börsengang des Jahres einen lauwarmen Empfang

01.08.2024 · von Egmond Haidt

Der größte Kühllagerlogistik-Anbieter der Welt ist in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen. Vorstandschef Greg Lehmkuhl will weiter expandieren.

Trotz der jüngsten Turbulenzen am US-Aktienmarkt hat Lineage am 25. Juli sein Börsendebüt an der Nasdaq gegeben. Dabei hat der US-Betreiber von Kühllagern knapp 57 Millionen Aktien zu 78 Dollar verkauft und damit 4,4 Milliarden Dollar eingesammelt – das war das größte IPO des Jahres in den USA. Es war zugleich der größte Börsengang seit jenem von ARM Holdings im September 2023.

Am ersten Handelstag ist die Lineage-Aktie auf 80,78 Dollar geklettert. Das war zwar ein Anstieg um 3,6 Prozent gegenüber dem Emissionspreis, lag allerdings weit unter dem Durchschnitt der Börsengänge in den USA im ersten Halbjahr 2024, die am ersten Handelstag im Schnitt um 16,3 Prozent nach oben geschossen sind. In den darauffolgenden Tagen hat die Lineage-Aktie die Klettertour jedoch nahtlos fortgesetzt.

Der US-Konzern ist der weltgrößte Anbieter von Kühllagerlogistik. Ende März betrieb er 482 Lager, davon 312 in Nordamerika, 82 in Europa sowie 88 in Asien-Pazifik. Mit einer Kapazität von insgesamt 3,0 Milliarden Kubikfuß (85,0 Milliarden Kubikmeter) ist Lineage doppelt so groß wie der größte Wettbewerber Americold sowie 7,5-mal so groß wie der nächstkleinere US Cold.

Lineage arbeitet laut eigenen Angaben mit den größten Lebensmittel- und Getränkeherstellern der Welt zusammen und versucht durch das Kühlen, die Verschwendung von Lebensmitteln zu minimieren. Das Unternehmen, das 2008 mit einem Lagerhaus in Seattle gestartet war, ist in den darauffolgenden Jahren mithilfe zahlreicher Übernahmen stark gewachsen.

Die Firma ist ein Real Estate Investment Trust (REIT) und schüttet daher praktisch den gesamten Gewinn als Dividende an die Aktionäre aus.

Stabiles Geschäft

Der Konzern hatte zum Jahresauftakt stabile Geschäfte verbucht. Der Umsatz war im ersten Quartal leicht gesunken, auf 1,33 Milliarden Dollar.

Dabei stagnierte das bereinigte „Net operating Income“ (NOI) bei 444,2 Millionen Dollar. Das NOI setzt sich aus der Summe aller Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzüglich der nicht umlagefähigen Betriebskosten, etwa für Reparaturen oder Instandhaltung, zusammen.

Zudem sank der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) etwas auf 326,6 Millionen Dollar.

Vorstandschef Greg Lehmkuhl will das Geld aus dem Börsengang nutzen, um die hohe Verschuldung abzubauen. Durch die Einnahmen aus dem IPO sollen die Nettoschulden auf 6,8 Milliarden Dollar reduziert werden.

Das entspricht dem 5,4-Fachen des bereinigten Ebitda der vorherigen 4 Quartale – das ist immer noch ein sehr hoher Wert.

Für das zweite Quartal hat der Vorstandschef einen Erlös von 1,324 bis 1,337 Milliarden Dollar in Aussicht gestellt. Das entspricht einem Rückgang um 1,6 bis 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Zudem soll das bereinigte Ebitda 327 bis 333 Millionen Dollar erreichen, was einem Anstieg um 1,2 bis 3,1 Prozent entspricht.

Wie sind die Gewinnperspektiven?

Wie sehen die Umsatz- und Gewinnschätzungen für Lineage aus, womit Sie die Bewertung selbst ausrechnen können? Da müssen sich Investoren noch etwas gedulden, dürfen doch Analysten in den USA in den 25 Tagen nach dem Börsendebüt keine Schätzungen veröffentlichen.

Ehrlich gesagt kann ich keine seriöse Schätzung für Lineage abgeben. Nachdem das bereinigte Ebitda im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahr praktisch stagniert haben dürfte, nehme ich allerdings der Einfachheit halber an, dass es auch im Gesamtjahr gegenüber dem 2023er-Vergleichwert von 1,28 Milliarden Dollar stagnieren wird – zumal es keinerlei Aussichten auf eine kurzfristige Belebung der US- oder der Weltwirtschaft gibt.

Zudem gehe ich davon aus, dass der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) 2024 ebenfalls weitgehend stabil sein könnte, gegenüber dem 2023er-Wert von 518,5 Millionen Dollar. Die Abschreibungen von 759,7 Millionen Dollar für 2023 zeigen, dass Lineage ein stark kapitalintensives Geschäft hat.

Der Einfachheit halber nehme ich zudem an, dass das bereinigte Ebit im Jahr 2025 um rund 10 Prozent steigen könnte, womit dann rund 570 Millionen Dollar zu Buche stehen würden.

Wie geht’s weiter mit der Aktie?

Der Börsenwert liegt bei 19,4 Milliarden Dollar. Inklusive der Nettoschulden liegt der Enterprise Value bei 26,2 Milliarden Dollar.

Das entspricht dem 46,0-Fachen des von mir für 2025 geschätzten bereinigten Ebit. Das zeigt, welch astronomisches Wachstum in der Aktie eingepreist ist. Ich finde, das ist eine wahnsinnig hohe Bewertung.

Meiner Meinung nach kann es daher nur zwei Gründe geben, weshalb die Aktien von Lineage und von Americold zuletzt weiter gestiegen sind.

Einerseits die Talfahrt bei den Zinsen für 10-jährige US-Anleihen. Durch die sinkenden Zinsen wird die hochverschuldete US-Wirtschaft etwas entlastet, womit sich die Konjunkturaussichten aufhellen. Davon profitieren die Betreiber von Kühllagerlogistik. Zudem kommt es ihnen zugute, wenn in diesem Umfeld die Zinsen für Unternehmenskredite sinken.

Andererseits die Aussicht auf einen möglichen Wahlsieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl am 5. November. Sollte der nächste US-Präsident die Wirtschaft mit noch deutlich mehr Schulden ankurbeln als der jetzige Präsident Joe Biden, würden sich auch dadurch die Aussichten für die US-Wirtschaft aufhellen. Auch davon würden die Betreiber von Kühllagerlogistik profitieren.

Vor diesem Hintergrund gehe ich davon aus, dass die Lineage-Aktie erst einmal weiter auf dem Weg nach oben sein dürfte. Zudem warte ich gespannt auf die Vorlage der Halbjahreszahlen, allerdings hat der Konzern dafür noch keinen Termin veröffentlicht.

Und dann bin ich gespannt auf den 19. August, wenn die Analysten erstmals Ergebnisschätzungen für Lineage veröffentlichen werden.

BNP Paribas bietet auf die Aktie von Lineage (861254) Unlimited Turbos an.

Egmond Haidt

Der Autor dieses Beitrags, Egmond Haidt, arbeitete nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium ab 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit Juli 2013 ist der Finanzjournalist als Freiberufler tätig. Jeden Dienstag ab 18 Uhr analysiert er die neuesten Entwicklungen am Finanzmarkt in der Sendung Euer Egmond.

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