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Shell – Nach schwachem Jahresabschluss bessert sich das Umfeld

Der britische Öl- und Gasmulti hat einige vorläufige Quartalszahlen vorgelegt. Wie könnte sich die Aktie 2025 entwickeln?
Mit einem deutlichen Kursrutsch hat die Shell-Aktie auf die Veröffentlichung der vorläufigen Ergebnisse am 8. Januar reagiert. Sie bestätigen, dass das Umfeld nach der Talfahrt des Ölpreises herausfordernd war und der Konzern zugleich mit hausgemachten Problemen zu kämpfen hatte. Wie könnte es mit dem Papier des Unternehmens, das bis Januar 2022 Royal Dutch Shell hieß, weitergehen, nachdem sich die Aktie nach den 11-Monats-Tiefs von Mitte Dezember deutlich erholt hatte?
Im vierten Quartal ist die Produktion im wichtigen Bereich „Integrated Gas“, in dem Erdgas verflüssigt wird, auf 880.000 bis 920.000 Barrel Öläquivalent gesunken, nach 941.000 für das dritte Quartal, und lag damit deutlich unter der Prognose von Vorstandschef Wael Sawan von 900.000 bis 960.000.
Als Grund für den überraschend starken Rückgang gab Shell geplante Wartungsarbeiten in einem Werk in Katar an. Zudem war das Ergebnis im Handelsgeschäft erheblich zurückgegangen, was am Auslaufen von Absicherungskontrakten lag.
Ein Barrel Öläquivalent entspricht einem Barrel Erdöl (ca. 159 Liter) oder 6.000 Kubikfuß Erdgas, da der Energiegehalt von 1.000 Kubikfuß Erdgas einem Sechstel des Energiegehalts eines Barrels Erdöl entspricht.
Zudem war die Marge in Chemiegeschäft auf 138 Dollar je Tonne gegenüber 164 Dollar je Tonne im dritten Quartal zurückgegangen.
Außerdem hat der Konzern im vierten Quartal nicht zahlungswirksame Wertminderungen von 1,5 bis 3,0 Milliarden Dollar verbucht, davon entfielen 0,8 bis 1,2 Milliarden auf den Bereich Erneuerbare Energien und Energielösungen. Shell hatte im Dezember angekündigt, erst einmal keine Offshore-Windkraftanlagen mehr zu bauen.
Gute 9-Monats-Zahlen
Die schwachen vorläufigen Daten für das vierte Quartal stehen im Gegensatz zu jenen für das dritte Quartal, die überraschend gut ausgefallen sind.
Dabei war der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um lediglich 5 Prozent gegenüber dem Vorquartal auf 16,0 Milliarden Dollar gesunken. Zudem gab der bereinigte Gewinn unterm Strich um lediglich 4 Prozent auf 6,0 Milliarden Dollar nach und lag damit weit über den Schätzungen der Analysten von 5,4 Milliarden Dollar.
Hingegen stieg der Cashflow aus dem operativen Geschäft um 9 Prozent auf 14,7 Milliarden Dollar.
Sawan kündigte daraufhin ein Aktienrückkaufprogramm von 3,5 Milliarden Dollar an, das bis zur Vorlage der Jahreszahlen am 30. Januar 2025 durchgeführt werden soll. Das sei das 12. Quartal in Folge mit einem Aktienrückkaufprogramm von mindestens 3 Milliarden Dollar, betonte Sawan. Im dritten Quartal hatte der Konzern dafür ebenfalls 3,5 Milliarden Dollar ausgegeben.
Möglich ist all das, weil die finanzielle Lage von Shell sehr gut aussieht. Inklusive der Leasingverbindlichkeiten von 25,6 Milliarden Dollar lagen die Nettoschulden per Ende September bei lediglich 35,2 Milliarden Dollar, dem niedrigsten Niveau seit 2015 und damit unterhalb der Hälfte des Stands von Ende 2019.
Zudem kündigte der Vorstandschef an, dass die Investitionen im Gesamtjahr 2024 unter dem unteren Ende der geplanten Spanne von 22 bis 25 Milliarden Dollar liegen sollen. Für 2025 sind Investitionen von 22 bis 25 Milliarden Dollar geplant.
So sehen die Schätzungen aus
Analysten sagen für 2024 einen Umsatzrückgang um 7 Prozent auf 294,2 Milliarden Dollar vorher, 2025 soll es ähnlich stark abwärts gehen, auf dann 273,9 Milliarden Dollar.
Zudem soll das bereinigte Ebitda 2024 um 6 Prozent auf 64,3 Milliarden Dollar sinken, gefolgt von einem Rückgang um 9 Prozent auf 58,7 Milliarden Dollar für 2025.
Hingegen soll der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) 2024 um 6 Prozent auf 39,4 Milliarden Dollar steigen. Allerdings wird für 2025 ein Einbruch um 15,5 Prozent auf knapp 33,3 Milliarden Dollar vorhergesagt. Damit würde die Marge zuerst auf 13,4 Prozent nach oben schießen, um jedoch 2025 auf 12,2 Prozent zurückzugehen.
Allerdings sind diese Schätzungen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, schließlich kann niemand seriös vorhersagen, wie sich die Preise für Öl, Gas und Flüssiggas in den nächsten Quartalen entwickeln werden.
Wie geht’s weiter mit der Aktie?
In den vergangenen Monaten hat sich das Umfeld für Shell zusehends verbessert, zumal der Gaspreis kräftig gestiegen ist. Der Trend dürfte in den nächsten Monaten gerade in Europa anhalten, zumal kein russisches Gas mehr durch die Ukraine fließt, nachdem der Transitvertrag Ende Dezember 2024 ausgelaufen ist.
Zudem haben sich die Ölpreise seit Anfang Dezember kräftig erholt. Gründe hierfür dürften die Hoffnung auf eine anhaltend starke Konjunktur in den USA sowie anhaltende geopolitische Risiken sein.
Der Börsenwert liegt bei 152,5 Milliarden Britische Pfund (193,0 Milliarden Dollar). Inklusive der Nettoschulden von 35,2 Milliarden Dollar liegt der Enterprise Value (EV) bei 228,2 Milliarden Dollar.
Das entspricht dem 6,9-Fachen des von Analysten für 2025 vorhergesagten Ebit. Die niedrige Bewertung zeigt, wie skeptisch Investoren die Geschäftsaussichten von Shell einschätzen, möglicherweise deutlich zu skeptisch.
Und das 2025er-KGV liegt bei 8,8.
Umso wichtiger ist es, wie sich die Preise für Öl und Gas in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln werden. Es würde mich nicht überraschen, wenn gerade auch der Ölpreis auf dem Weg nach oben wäre, weil die geopolitischen Risiken zunehmen. In diesem Szenario sollte sich die Shell-Aktie allmählich weiter erholen.
BNP Paribas bietet auf die Aktie von Shell (A3C99G) Mini Futures, Unlimited Turbos, Optionsscheine und Faktor-Optionsscheine an.
Egmond Haidt
Der Autor dieses Beitrags, Egmond Haidt, arbeitete nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium ab 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit Juli 2013 ist der Finanzjournalist als Freiberufler tätig. Jeden Dienstag ab 18 Uhr analysiert er die neuesten Entwicklungen am Finanzmarkt in der Sendung Euer Egmond.
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