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Tyler Technologies – An der Digitalisierung des Staates kräftig verdienen
Der US-Softwarekonzern erfreut sich guter Geschäfte. Vorstandschef Lynn Moore hat ambitionierte Mittel- und Langfristziele präsentiert.
Der Staat hat hierzulande ebenso wie in den USA, eine Menge Aufgaben zu erfüllen. Dabei setzen viele Behörden in den USA auf den heimischen Softwarekonzern Tyler Technologies.
Der dortige Branchenprimus bietet Lösungen für sämtliche Behörden, für Gerichte und Justizvollzugsanstalten, oder für Schulen an. Mit der Software steuern die Nutzer die betriebsinternen Abläufe, oder verwalten sämtliche Verwaltungsabläufe mit den Bürgern.
Das Geschäft von Tyler Technologies läuft ganz gut. Im dritten Quartal ist der Umsatz um 4,5 Prozent auf 494,7 Millionen Dollar gestiegen, dabei lag das organische Wachstum bei 6 Prozent.
SaaS-Geschäft brummt
Dabei sind die Abo-Einnahmen um 16,1 Prozent auf 295,2 Millionen Dollar gestiegen. Vorstandschef Lynn Moore treibt dabei vor allem das sogenannte SaaS-Geschäft zügig voran, es ist organisch um 26 Prozent auf 138,5 Millionen Dollar gewachsen.
Das liegt über dem Wachstumsziel von durchschnittlich 20 Prozent pro Jahr für den Zeitraum 2022 bis 2025, das Moore auf dem Investorentag am 15. Juni ausgegeben hatte (dazu gleich mehr). Zudem war das das 11. Quartal in Folge, mit einem Wachstum von mindestens 20 Prozent bei SaaS.
SaaS (Software-as-a-Service) ist eine Form des Cloud Computing, bei der eine Cloud-Anwendung den Endbenutzern mit ihren zugrunde liegenden IT-Infrastrukturen und -Plattformen über einen Internetbrowser zur Verfügung gestellt wird. Die Nutzung erfolgt in der Regel auf Abonnementbasis.
Neben den Abo-Einnahmen stammten im dritten Quartal 117,5 Millionen Dollar vom Wartungsgeschäft. Die restlichen Umsätze von insgesamt 82,0 Millionen Dollar entfielen auf das Softwaregeschäft, also die Lizenzeinnahmen, sowie das Dienstleistungsgeschäft.
Hoher Anteil wiederkehrender Umsätze
Moore gab sich zudem zufrieden, dass die wiederkehrenden Umsätze – eine für Analysten und Investoren wichtige Kennzahl - aus den Abo-Einnahmen und dem Wartungsgeschäft um 11 Prozent auf insgesamt 412,7 Millionen Dollar gestiegen ist und damit 83,4 Prozent der Konzernerlöse ausmachten, im Vergleich zu 78,5 Prozent im Vorjahreszeitraum.
Zudem ist der bereinigte operative Gewinn des Konzerns gemessen am Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) im dritten Quartal 2023 um 4 Prozent auf 122,5 Millionen Dollar geklettert, womit die Marge minimal zurückgegangen ist von 24,9 auf 24,8 Prozent.
Das kann sich vor dem Hintergrund des anhaltenden Umstiegs vom Lizenz- auf das Cloud-Geschäft aber mehr als sehen lassen, schließlich waren die Lizenzeinnahmen um fast 50 Prozent eingebrochen.
Überzeugende Prognose
Ganz oben auf der Agenda steht der Schuldenabbau bei Tyler. Sie sind im dritten Quartal um 135 Millionen Dollar gegenüber dem Vorquartal reduziert worden. Damit lagen die Nettoschulden bei nurmehr 592,1 Millionen Dollar, das entsprach dem 1,24-Fachen des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) der vorherigen 4 Quartale.
Um das Wachstum voranzutreiben, ist Vorstandschef Moore auf Akquisitionstour. Im dritten Quartal hat Tyler für 36 Millionen Dollar die Firma Computer Systems Innovations (CSI) gekauft. Sie bietet KI-unterstützte Automatisierungs- und Dokumentenverarbeitungstechnologie an. Ende Oktober hat Tyler dann zwei weitere Übernahmen angekündigt, jene von ARInspect und ResourceX, für insgesamt knapp 38 Millionen Dollar.
Neben den Quartalszahlen hat Investoren gerade die Prognose für das Gesamtjahr 2023 überzeugt. Demnach soll ein Umsatz von 1,942 bis 1,962 Milliarden Dollar erreicht werden.
Die Mitte der Spanne (1,952 Milliarden Dollar) bedeutet ein Plus von 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, sowie ein organisches Wachstum von rund 7,5 Prozent. Die aktuelle Schätzung der Analysten liegt mit 1,956 Milliarden Dollar leicht über der Mitte.
Zum hat der Firmenlenker einen bereinigten Gewinn je Aktie von 7,66 bis 7,80 Dollar in Aussicht gestellt. Die Mitte der Spanne (7,73 Dollar) bedeutet einen Anstieg um 3,1 Prozent.
Dass der Gewinn je Aktie nach US-GAAP bei lediglich 3,82 bis 3,96 Dollar liegen soll, sei nur am Rande erwähnt. Wie Sie wissen, wird das KGV üblicherweise auf Basis des bereinigten Gewinns je Aktie errechnet, womit das KGV optisch bei Weitem nicht so hoch ist wie auf Basis der GAAP-Schätzungen.
Ambitionierte Mittel- und Langfristziele
Wie oben geschrieben hatten Moore und seine Kollegen am 15. Juni auf einem Investorentag die Mittel- und Langfristziele vorgestellt.
Dabei soll das organische Wachstum weiter vorangetrieben und die Margen gesteigert werden. Zudem soll aus einem guten Gewinn ein starker Free Cashflow generiert werden. Und das Geld will das Vorstands-Team gut investieren, um so die Aktie schlussendlich weiter nach oben zu treiben.
Dabei sollen die wiederkehrenden Umsätze (ohne Akquisitionen) zwischen 2022 und 2030 um durchschnittlich 10 bis 12 Prozent pro Jahr zulegen. Zur Erinnerung: Für 2023 sind wiederkehrende Erlöse von 1,62 Milliarden Dollar geplant. Gegenüber 2018 entspricht das einem Wachstum von durchschnittlich 22 Prozent pro Jahr.
Zudem soll die bereinigte operative Marge von den angepeilten rund 23 Prozent für 2023 bis 2030 auf mehr als 30 Prozent verbessert werden.
Als Zwischenziel peilt Moore für 2025 bei Umsätzen von 2,3 bis 2,4 Milliarden Dollar eine bereinigte operative Marge von rund 25 Prozent an. 2030 soll dann bei Erlösen von 3,6 bis 3,8 Milliarden Dollar – wie geschrieben - eine Marge von mehr als 30 Prozent zu Buche stehen.
Damit soll 2030 ein Free Cashflow von rund 1 Milliarde Dollar erwirtschaftet werden. Zur Erinnerung: nach den ersten 3 Quartalen 2023 lag der Free Cashflow bei insgesamt nur knapp 200 Millionen Dollar.
Beim Investieren des Kapitals stehen neben dem Schuldenabbau weitere strategische Akquisitionen auf der Agenda. Zudem sollen opportunistisch Aktienrückkäufe getätigt werden.
Wie geht’s weiter mit der Aktie?
Für mich hören sich die Mittel- und Langfristziele plausibel an, schließlich dürfte die Nachfrage des Staates an Softwarelösungen weiter wachsen, gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung.
Analysten prognostizieren für 2024 einen Umsatzanstieg um 8,8 Prozent gegenüber dem erwarteten 2023er-Wert auf 2,13 Milliarden Dollar, womit sich das Wachstum gegenüber 2023 beschleunigen würde. Genau das wollen Investoren sehen.
Zudem soll das bereinigte Ebit überproportional um 12 Prozent auf knapp über 500 Millionen Dollar zulegen, womit sich die Marge von 22,9 auf 23,6 Prozent verbessert würde. Auf der Analystenkonferenz anlässlich der Neun-Monats-Zahlen hatte Moore wiederholt betont, dass die Marge 2024 gesteigert werden soll.
Der Börsenwert von Tyler Technologies liegt bei 17,6 Milliarden Dollar. Inklusive der Nettoschulden liegt der Enterprise Value (EV) bei 18,2 Milliarden Dollar.
Das entspricht dem 36,2-Fachen des erwarteten 2024er-Ebit. Das ist meiner Meinung nach eine horrend hohe Bewertung, selbst vor dem Hintergrund der guten Marge. Das zeigt, welch enormes Wachstum in der Aktie eingepreist ist.
Und das 2024er-KGV liegt bei herben 47,6.
Allerdings dürfte meiner Meinung nach – ebenso wie bei vielen anderen US-Technologieaktien – die hohe Bewertung von Tyler Technologies viele Investoren weiterhin nicht stören. Sie dürften vielmehr weiterhin darauf setzen, dass sich das Umsatzwachstum im laufenden Jahr beschleunigen und gleichzeitig die Marge verbessert wird. Vor dem Hintergrund sollte das Papier die Klettertour fortsetzen.
Und falls Sorgen um eine mögliche US-Rezession aufkommen sollten, dürften Investoren auch dann zur Tyler-Aktie greifen, weil das Geschäft des Anbieters von Software für den öffentlichen Sektor selbst in einem schwierigen Konjunkturumfeld weiter stabil laufen sollte.
BNP Paribas bietet auf die Aktie von Tyler Technologies (917099) neben Mini Futures und Unlimited Turbos auch Faktor Optionsscheine an.
Egmond Haidt
Nach der Bankausbildung und dem BWL-Studium arbeitete er ab 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit Juli 2013 ist der Finanzjournalist als Freiberufler tätig. Jeden Dienstag ab 18 Uhr analysiert er die neuesten Entwicklungen am Finanzmarkt in der Sendung Euer Egmond.
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