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Viatris – Viagra-Hersteller sieht sich am „Wendepunkt“ hin zu mehr Wachstum
Der US-Pharmakonzern hat die Restrukturierung erfolgreich abgeschlossen. Vorstandschef Scott A. Smith hat die Prognose angepasst.
Schwierige Jahre liegen hinter Viatris. Der Konzern ist im November 2020 durch den Zusammenschluss des Generikaherstellers Mylan mit der Pfizer-Tochter Upjohn entstanden. Viatris-Chef Scott A. Smith hat die Zeit genutzt, um die Unternehmen zu integrieren, Firmenteile, die nicht zum Kerngeschäft gehören, zu desinvestieren und so das Geschäft zu vereinfachen und zu verschlanken.
All das spiegelt sich in den Halbjahreszahlen wider, die am 8. August vorgelegt worden sind.
Der Umsatz ist im zweiten Quartal um 3 Prozent auf 3,79 Milliarden Dollar gesunken. Das lag allerdings leicht über den Schätzungen der Analysten von 3,78 Milliarden Dollar. Zudem stand bereinigt um die Desinvestitionen ein Wachstum von 2 Prozent zu Buche – das war das fünfte Quartal in Folge mit einem Plus auf dieser Basis.
Dabei steuerten neue Produkte, also jene, die in den vergangenen 12 Monaten auf den Markt gekommen sind, diesmal 210 Millionen Dollar bei.
Größter Umsatzlieferant sind die Industriestaaten, die mehr als 60 Prozent der Konzernerlöse beigesteuert haben. Zudem entfielen jeweils 15 Prozent auf die Emerging Markets und Großchina. Der Rest stammt aus der Region Japan, Australien und Neuseeland.
Der mit weitem Abstand größte Umsatzlieferant auf Konzernebene war der Cholesterinsenker Lipitor mit 348,4 Millionen Dollar. Auf Platz 5 lag das Potenzmittel Viagra mit 106,1 Millionen Dollar.
Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ist auf Konzernebene um 7 Prozent auf 1,2 Milliarden Dollar gesunken. Damit verschlechterte sich die Marge auf 31,9 Prozent. Bereinigt um die Desinvestitionen gab es beim bereinigten Ebitda allerdings ein Plus von 2 Prozent.
Prognose angepasst
Bei der Zahlenvorlage zeigte sich Smith sehr zufrieden mit der Geschäftsentwicklung. Da der Konzern zudem im Juli seine letzte Desinvestition abgeschlossen habe – Viatris hat sein Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten an Cooper Consumer Health verkauft – , hat der Vorstandschef den Ausblick angepasst.
Demnach soll im Gesamtjahr ein Umsatz von 14,6 bis 15,1 Milliarden Dollar erwirtschaftet werden, statt der zuvor geplanten 14,98 bis 15,48 Milliarden Dollar. In der Mitte der neuen Spanne (14,85 Milliarden Dollar) entspricht das einem um Desinvestitionen bereinigten Wachstum von 2 Prozent.
Dabei schraubte Smith die Prognose für die Einnahmen aus neuen Produkten auf 500 bis 600 Millionen Dollar nach oben, gegenüber den zuvor avisierten 450 bis 550 Millionen Dollar.
Die Prognose für das bereinigte Ebitda senkte der Firmenlenker hingegen auf 4,60 bis 4,87 Milliarden Dollar, gegenüber den zuvor avisierten 4,71 bis 5,01 Milliarden Dollar.
Zudem soll der bereinigte Gewinn je Aktie 2,58 bis 2,73 Dollar erreichen, statt der zuvor geplanten 2,66 bis 2,81 Milliarden Dollar.
Sämtliche Anpassungen – bis auf jene bei neuen Produkten – sind ausschließlich auf die letzte Desinvestition zurückzuführen.
An „Wendepunkt“ angelangt
Smith gab sich zudem überzeugt, dass der Konzern an einem „Wendepunkt“ hin zu mehr Wachstum und mehr Geld für die Aktionäre stehe.
Dabei hat der Konzern im ersten Halbjahr 2024 die Schulden um 802 Millionen Dollar abgebaut. Zudem hat er über Dividenden von 288 Millionen Dollar sowie 250 Millionen Dollar an Aktienrückkäufen insgesamt 538 Millionen Dollar an die Aktionäre zurückgegeben.
Außerdem hat das Unternehmen 350 Millionen Dollar in die Entwicklung neuer Produkte gesteckt.
Um künftig das Wachstum anzukurbeln, will Smith auf drei Faktoren setzen: erstens auf das „alte“ Basisgeschäft, das jedes Jahr mehr als 1 Milliarde Patienten versorgt und künftig weiter wachsen soll, zweitens auf die finanzielle Stärke des Unternehmens und den starken Cashflow. Im zweiten Quartal war der bereinigte Free Cashflow zwar um 9 Prozent auf 426 Millionen Dollar gesunken, das kann sich allerdings mehr als sehen lassen.
Und drittens auf die Expansion des Portfolios mit neuen, innovativen Produkten. Dabei setzt Smith auf die Pipeline gerade mit den Produktkandidaten Selatogrel zur Behandlung in der Frühphase eines Herzinfarkts und Cenerimod, einem Rezeptormodulator, der in klinischen Studien zur Behandlung des mittel bis stark aktiven systemischen Lupus Erythematodes (Autoimmunkrankheit) untersucht wird.
So sehen die Schätzungen aus
Analysten sagen für 2024 einen Umsatzrückgang um 3 Prozent auf 14,9 Milliarden Dollar vorher. 2025 soll der Erlös dann um 2 Prozent auf 14,6 Milliarden Dollar sinken.
Zudem soll das bereinigte Ebitda 2024 um 7,6 Prozent auf 4,73 Milliarden Dollar zurückgehen, um 2025 leicht auf 4,64 Milliarden Dollar zu sinken.
Gleichzeitig soll der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) 2024 um 8 Prozent auf 4,34 Milliarden Dollar zurückgehen, um 2025 auf diesem Niveau zu stagnieren. Damit würde die Marge zuerst deutlich auf 29,1 Prozent zurückgehen, um sich 2025 auf 29,7 Prozent zu erholen.
Die Zahlen spiegeln meiner Meinung nach insgesamt eine deutliche Skepsis der Analysten wider.
Wie geht’s weiter mit der Aktie?
Nach der Zahlenvorlage am 8. August hatte die Aktie zuerst deutlich zugelegt, ging anschließend allerdings erneut auf Berg- und Talfahrt. Damit notiert sie um rund 3 Prozent unter dem 6-Monats-Hoch.
Damit liegt der Börsenwert bei 13,9 Milliarden Dollar. Inklusive der – laut meinen Berechnungen – Nettoschulden von 16,2 Milliarden Dollar liegt der Enterprise Value (EV) bei 30,1 Milliarden Dollar.
Das entspricht dem 6,9-Fachen des von Analysten für 2025 vorhergesagten Ebit. Die meiner Meinung nach relativ niedrige Bewertung spiegelt die Skepsis der Investoren bezüglich der künftigen Geschäftsentwicklung und damit auch die gedämpften Umsatz- und Gewinnschätzungen der Analysten wider.
Mich würde es allerdings nicht überraschen, wenn die Aktie nach dem jahrelangen Seitwärtstrend allmählich nach oben tendieren würde. Dazu müsste sich das Umsatzwachstum in den nächsten Quartalen allmählich beschleunigen, während Smith die bereinigte operative Marge zumindest stabil halten kann und zudem gute Nachrichten von der Pipeline liefert.
BNP Paribas bietet auf die Aktie von Viatris (A2QAME) Mini Futures und Unlimited Turbos an.
Egmond Haidt
Nach der Bankausbildung und dem BWL-Studium arbeitete er ab 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit Juli 2013 ist der Finanzjournalist als Freiberufler tätig. Jeden Dienstag ab 18 Uhr analysiert er die neuesten Entwicklungen am Finanzmarkt in der Sendung Euer Egmond.
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