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Victoria’s Secret – Trotz der Rückkehr der „Engel“ wird das Wunder etwas länger dauern
Die Aktie des US-Herstellers von Unterwäsche für Frauen war seit dem Börsengang im Jahr 2021 auf einer herben Talfahrt. Vorstandschef Martin Waters hat daher zahlreiche Maßnahmen eingeleitet, um eine Trendwende bei den Ergebnissen einzuleiten.
Für die leidgeprüften Aktionäre von Victoria’s Secret gab es zuletzt ausnahmsweise einmal gute Nachrichten. Am 11. Oktober, also einen Tag vor der alljährlichen Kapitalmarktkonferenz, hat Vorstandschef Martin Waters die Prognose für das laufende Quartal leicht angehoben, woraufhin sich die Aktie, die wenige Tage zuvor noch auf ein Rekordtief gesunken war, etwas erholt hat.
Demnach soll der Umsatz im per Oktober endenden dritten Quartal des Fiskaljahres 2023/24 um 3 bis 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr sinken. Zuvor hatte Waters einen Rückgang im „unteren bis mittleren einstelligen Prozentbereich“ in Aussicht gestellt.
Außerdem soll der bereinigte operative Verlust, gemessen am Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit), 45 bis 65 Millionen Dollar erreichen, statt der zuvor geplanten 45 bis 75 Millionen Dollar. Entsprechend soll ein bereinigter Verlust je Aktie von „nur“ 0,70 bis 0,90 Dollar zu Buche stehen, während zuvor einer von bis zu 1,0 Dollar in Aussicht gestellt worden war.
Grund für die leichte Anhebung der Prognose ist, dass das Umsatzwachstum im Auslandsgeschäft etwas besser ist als erwartet, während sich das schwache Geschäft in Nordamerika wie geplant von Monat zu Monat verbessert. Letzteres ist dringend notwendig, rückt doch das sehr wichtige Weihnachtsgeschäft zügig näher.
Zudem bestätigte der Vorstandschef die Prognose fürs Gesamtjahr. Der Umsatz soll im unteren einstelligen Prozentbereich zurückgehen. Zudem soll eine bereinigte operative Marge von 5 bis 6 Prozent erwirtschaftet werden.
Zudem sollen sich die Investitionen auf rund 255 Millionen Dollar belaufen. Außerdem strebt Waters einen Free Cashflow von 150 bis 200 Millionen Dollar an.
Rückkehr der „Engel“
Victoria’s Secret verkauft Unter- und Reizwäsche für Frauen, Nachtwäsche, Badebekleidung, sowie Kosmetikprodukte wie Parfüms und Shampoo. Das Unternehmen war am 3. August 2021 von der Einzelhandelskette L Brands an die Börse gebracht worden.
Die Firma war früher für ihre alljährlich stattfindende Victoria’s Secret Fashion Show und ihre Topmodels, genannt Victoria’s Secret Angels (Engel), bekannt. Allerdings fand die Show letztmals im Dezember 2018 statt. Kritiker warfen der Firma vor, sie hätte nicht auf die kulturellen Veränderungen reagiert, ihr Schönheitsideal sei nicht mehr zeitgemäß. 2021 trennte sich der Konzern dann auch endgültig von seinen „Engeln“.
Diese Strategie war offenbar keine besonders gute Idee, verbuchte das Unternehmen doch im Fiskaljahr 2022/23 (Ende Januar) bei einem deutlichen Umsatzrückgang einen herben Gewinneinbruch.
Umso mehr ist Waters unter Druck gegenzusteuern und hat die „Engel“ zurückgeholt. In der neuen Kampagne für die neue BH-Linie „The Icon“, inklusive neuer Höschen und Unterwäsche, waren die ehemaligen Supermodels wie Gisele Bündchen, Naomi Campbell, Adriana Lima und Candice Swanepoel zu sehen und sind damit zu Victoria’s Secret zurückgekehrt.
Zudem ist am 26. September auf Amazon Prime die Neuauflage der Fashion Show „Victoria’s Secret World Tour” gestartet. In der Dokumentation entwerfen einige internationale Künstlerinnen jeweils eine Kollektion. Das war die größte Investition in Werbung der vergangenen 5 Jahre.
Kräftiger Gewinneinbruch
Die Zahlen zum per Ende Juli beendeten zweiten Quartal 2023/24 haben einmal mehr gezeigt, wie schwierig das Geschäftsumfeld für Victoria’s Secret und die Tochter PINK, eine Mode- und Lifestyle-Marke für junge Frauen, gerade in Nordamerika ist. Dabei halten sich Kundinnen wegen der hohen Inflation, den stark gestiegenen Zinsen und der schwachen Konjunktur mit dem Kauf von Unterwäsche und anderen Produkten von Victoria’s Secret zurück.
Im zweiten Quartal war daher der Konzernumsatz um 6,2 Prozent auf 1,43 Milliarden Dollar gesunken.
Dabei hatte der Kauf der US-Unterwäschefirma Adore Me per Dezember 2022 den Umsatz von Victoria’s Secret im zweiten Quartal 2023/24 um rund 4 Prozentpunkte gestützt.
Dabei war der Konzernumsatz in Nordamerika um 9,5 Prozent auf 1,25 Milliarden Dollar gesunken. Damit machte der dortige Markt 87,7 Prozent der Konzernerlöse aus. Die Firma ist gemessen am Umsatz weiterhin die größte Marke für Damenunterwäsche in den USA.
Hingegen ist das kleine Auslandsgeschäft um 26,5 Prozent auf 175,8 Millionen Dollar gewachsen. Dazu trug vor allem das Geschäft in China bei, während das Unternehmen zudem in 4 neuen Märkten Läden eröffnet hat und gleichzeitig in 9 Ländern mit einem eigenen Internetauftritt gestartet ist.
Allerdings ist der bereinigte operative Gewinn des Konzerns um 62 Prozent auf 48,7 Millionen Dollar eingebrochen, womit die Marge von 8,3 Prozent auf nurmehr 3,4 Prozent kollabiert ist.
Bullische Mittelfristprognose
Auf der Kapitalmarktkonferenz am 12. Oktober haben Waters und seine Kollegen eingeräumt, wie schwierig das Umfeld derzeit ist. So schrumpfe der private Verbrauch und auch der Unterwäschemarkt, während Kunden auf billigere Produkte ausweichen würden und das Bekleidungsgeschäft von PINK „sehr schwach“ gewesen sei und eine völlige Überarbeitung benötigt hätte.
Gleichzeitig wird der Wettbewerbsdruck wie durch die Marke Aerie von American Eagle Outfitters immer größer. Das können sie in dem Beitrag „American Eagle Outfitters – Mit Tritt auf Ausgabenbremse auf das erwartet schwierige Konjunkturumfeld in den USA reagieren“ nachlesen.
Das hat das Managementteam von Victoria’s Secret dennoch nicht davon abgehalten eine bullische Mittelfristprognose abzugen.
So soll der Umsatz in den nächsten Jahren im Schnitt im mittleren einstelligen Prozentbereich wachsen, und gegenüber dem geplanten Wert von 6,2 Milliarden Dollar für 2023/24 bis 2026/27 auf 7,4 Milliarden Dollar zulegen. Dabei soll die Hälfte des Zuwachses, also 600 Millionen Dollar, aus der Expansion des Geschäfts in Nordamerika kommen (ohne die Tochter Adore Me), und die anderen 600 Millionen Dollar aus dem Auslandsgeschäft, sowie Adore Me.
Im gleichen Zeitraum soll der operative Gewinn im Schnitt jährlich im unteren zweistelligen Prozentbereich zulegen, womit die bereinigte operative Marge von 5 bis 6 Prozent verdoppelt werden soll auf 10 bis 12 Prozent. Bei einem erwarteten Umsatz von 7,4 Milliarden Dollar für 2026/27 bedeutet das in der Mitte der erwarteten Spanne (11 Prozent) einen operativen Gewinn von herben 814 Millionen Dollar.
Schaffen will das Management das mit einer Reihe von Maßnahmen. So sollen unter anderem die Produktzyklen verkürzt und so das Geschäft angekurbelt werden. Außerdem soll es in etlichen Fokusregionen in Europa und China über verschiedene Kanäle (Filialen, eigener Online-Handel) ebenso ausgebaut werden wie über den Auftritt bei Amazon.
Zudem werden die Kollektionen erweitert. Außerdem sollen mehr Treuekunden gewonnen werden, die üblicherweise deutlich mehr Geld bei Victoria’s Secret ausgeben als herkömmliche Kunden. Gleichzeitig soll die Technologie von Adore Me genutzt werden, um die Digitalisierung bei Victoria’s Secret und PINK voranzutreiben.
Und schlussendlich ist ein Kostensenkungsprogramm von 250 Millionen Dollar aufgelegt worden. Ein Drittel davon (rund 80 Millionen Dollar) soll im laufenden Fiskaljahr und die restlichen zwei Drittel der gesamten Einsparungen sollen in den Fiskaljahren 2024/25 und 2025/26 realisiert werden.
Wie geht’s weiter mit der Aktie?
Nach der Kapitalmarktkonferenz ist die Aktie auf eine Berg- und Talfahrt gegangen und ist anschließend etwas nach oben gedreht.
Analysten sagen für das Fiskaljahr 2023/24 einen Einbruch des bereinigten Ebit auf knapp über 320 Millionen Dollar vorher. Hingegen soll es 2024/25 deutlich aufwärts gehen auf knapp 350 Millionen Dollar.
Gleichzeitig liegt der Börsenwert bei 1,2 Milliarden Dollar. Inklusive der Nettoschulden von 1,14 Milliarden Dollar liegt der sogenannte Enterprise Value (EV) bei 2,34 Milliarden Dollar. Das ist lediglich das 6,7-Fache des erwarteten Ebit für 2024/25 und zeigt die Skepsis der Investoren.
Ich fürchte allerdings, dass sie berechtigt ist. Zwar hören sich Waters Prognosen auf dem Papier gut an. Allerdings gehe ich davon aus, dass sich viele Investoren vor dem Hintergrund der stark gestiegenen US-Zinsen erst einmal auf das zunehmend schwieriger werdende Konjunkturumfeld in den USA – sprich eine möglicherweise heraufziehende Rezession - fokussieren dürften.
In dem Szenario dürfte die Nachfrage nach Damenunterwäsche unter Druck bleiben und eine mögliche Trendwende bei der Profitabilität nach oben kein Sprint, sondern vielmehr ein Marathonlauf werden. Ich fürchte, dass es keine schnelle Verbesserung der Ergebnisse bei Victoria’s Secret geben wird.
Ich gehe daher davon aus, dass die Aktie nach der kurzen Erholung bald wieder auf Talfahrt gehen dürfte.
BNP Paribas hat die Aktie von Victoria's Secret (A3CU0R) neu in die Palette aufgenommen und bietet neben Mini Futures auch Unlimited Turbos an.
Egmond Haidt
Nach der Bankausbildung und dem BWL-Studium arbeitete er ab 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit Juli 2013 ist der Finanzjournalist als Freiberufler tätig. Jeden Dienstag ab 18 Uhr analysiert er die neuesten Entwicklungen am Finanzmarkt in der Sendung Euer Egmond.
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