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Besteuerung
Interview mit Franz Schober – Steuerexperte bei BNP Paribas
Besondere Verlustverrechnungsbeschränkung wird gestrichen
Für Anleger mit Verlusten aus dem wertlosen Verfall von Kapitalanlagen beziehungsweise Termingeschäften beginnt seit Dezember 2024 eine - erfreuliche - neue Zeitrechnung. Die lange in der Kritik gestandene eingeschränkte Verlustverrechnung für die oben genannten Verluste wurde mit dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2024 gestrichen.
Seit dem 1. Januar 2020 beziehungsweise 1. Januar 2021 galten Verlustverrechnungsbeschränkungen für (a) Verluste aus Termingeschäften bzw. (b) dem wertlosen Verfall von Kapitalanlagen. Verluste aus Termingeschäften konnten lediglich mit Gewinnen aus Termingeschäften bzw. erhaltenen Stillhalterprämien verrechnet werden. Verluste aus einer Ausbuchung einer wertlosen Kapitalanlage konnten mit allen Arten von positiven Kapitalerträgen verrechnet werden. Die Verlustverrechnung war allerdings auf 20 000 Euro pro Jahr beschränkt. Über 20.000 Euro hinausgehende Verluste konnten erst in Folgejahren verrechnet werden.
Erschwerend kam hinzu, dass eine Verrechnung der oben genannten Verluste lediglich im Rahmen der Steuererklärung der Anlegerinnen und Anleger möglich war. Gewinne aus Termingeschäften jedoch wurden bereits in voller Höhe durch inländische depotführende Stellen mit den anfallenden Abzugssteuern belastet. Es konnte damit auf Grund der eingeschränkten Verlustverrechnung vorkommen, dass Konstellationen mit Steuern belastet wurden, in denen die Anleger aus wirtschaftlicher Perspektive sogar Verluste erleiden mussten.
Der Verlustverrechnungsbeschränkung wurde nun ein Ende gesetzt
Dieser augenscheinlichen Ungerechtigkeit wurde durch das sogenannte Jahressteuergesetz 2024 abgeholfen. Der Gesetzgeber reagierte mit einer Streichung der Verlustverrechnungsbeschränkungen in § 20 Abs. 6 S. 5 und S. 6 EStG für diese besonderen Verluste aus (a) Termingeschäften bzw. (b) dem wertlosen Verfall von Kapitalanlagen. Diese Streichung soll für alle offenen Fälle (auch für Vorjahre bei passendem verfahrensrechtlichem Status der Steuerbescheide) gelten, so dass bestehende Verlustvorträge ab sofort zur Verrechnung mit sämtlichen Kapitalerträgen im Rahmen der Veranlagung zur Verfügung stehen.
Aus steuerlicher Sicht bedarf es damit im Privatvermögen auch keiner Differenzierung mehr zwischen (i) Verlusten aus Termingeschäften, wie Optionen, Futures, Forwards, Swaps und CFDs und (ii) Kassageschäften, wie Optionsscheinen und Zertifikaten.
Es sollte zudem die Unterscheidung zwischen “normalen” werthaltigen Verlusten aus Aktien und Verlusten aus der Ausbuchung wertloser Aktien entfallen. Die bisherige Rechtslage sah vor, dass Verluste aus der wertlosen Ausbuchung von Aktien lediglich bis zu einer Höhe von 20.000 Euro mit allen anderen Kapitalerträgen verrechnet werden konnten. Verluste aus der Ausbuchung wertloser Aktien nahmen damit eine Sonderstellung gegenüber “normalen” Verlusten aus Aktien ein. Diese sollte nun wieder entfallen.
Verluste aus Aktien jeglicher Art können in unbegrenzter Höhe lediglich mit Gewinnen aus Aktien verrechnet werden. Diese “letzte Bastion” der Verlustverrechnungsbeschränkung (§ 20 Abs. 6 S. 4 EStG) bleibt Anlegern und Anlegerinnen trotz verfassungsrechtlicher Zweifel (siehe Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht unter Aktenzeichen 2 BvL 3/21) erhalten.
Übergangsregelung
Depotführende Stellen müssen diese gesetzliche Anpassung ausweislich der Gesetzesbegründung allerdings erst zum 1.1.2026 umsetzen. Für eine Umsetzung in den IT-Systemen fehlte auf Grund der Kurzfristigkeit der neuen gesetzlichen Regelung schlicht die Zeit. Dies hat zur Folge, dass Verluste aus Termingeschäften und dem Ausfall von privaten Kapitalanlagen je nach Umsetzungsstand bei den jeweiligen Banken in den Jahren 2024 und 2025 durch die Banken (noch) nicht in den sonstigen / allgemeinen Verlusttopf (§ 43a Abs. 3 S. 2 EStG) eingestellt werden. Die Verrechnung der Verluste erfolgt daher nicht bereits unterjährig auf Ebene der Banken. Die gesondert in der Steuerbescheinigung ausgewiesenen Verluste können damit lediglich im Rahmen der jeweiligen Veranlagung der Anlegerinnen und Anleger voll verrechnet werden.
Der Umsetzungsstand der jeweiligen depotführenden Stellen ist durch den Anleger / die Anlegerin zu eruieren. Ausweislich der Homepage stellt z.B. die Consorsbank, eine eingetragene Marke der BNP Paribas S.A. Niederlassung Deutschland, Verluste aus Termingeschäften seit dem 20. Dezember 2024 wieder in den allgemeinen Verlustverrechnungstopf ein.
Beispiel für eine Verlustverrechnung
Verluste aus Aktien dürfen nach § 20 Abs. 6 S. 4 EStG lediglich mit Gewinnen aus Aktien verrechnet werden. Verluste aus Termingeschäften bzw. Verluste aus dem wertlosen Verfall / der wertlosen Ausbuchung einer Kapitalanlage dürfen seit Streichung des § 20 Abs. 6 S. 5 und S. 6 EStG grundsätzlich mit allen anderen positiven Kapitalerträgen verrechnet werden (siehe hierzu allerdings Übergangsregelungen).
Beispiel: Sie können Gewinne aus Zertifikaten mit Verlusten aus Zertifikaten unbegrenzt gegenrechnen. Nicht jedoch Gewinne aus Zertifikaten mit Verlusten aus Aktien. Verluste aus Termingeschäften können nun wieder mit allen positiven Kapitalerträgen in unbegrenzter Höhe verrechnet werden. Die Verrechnung ist nicht mehr beschränkt auf Gewinne aus Termingeschäften bzw. Stillhalterprämien. Die Beschränkung der Verlustverrechnung der Höhe nach entfällt vollständig.
Franz Schober ist Steuerberater im Tax Department Germany der BNP Paribas S.A. Niederlassung Deutschland. Zuvor war er als Steuerberater bei einer Beratungsgesellschaft und einem inländischen Kreditinstitut tätig. Er ist auf die Besteuerung und Strukturierung von Kapitalanlagen spezialisiert und Autor zahlreicher Fachbeiträge.