Gastbeitrag von Franz Schober, Steuerberater im Tax Department Germany von BNP Paribas

01.08.2021 · von Franz Schober

Was ist mit Verlusten?

Die Finanzverwaltung hat zwischenzeitlich entschieden, welche Investmentprodukte als Termingeschäfte im steuerrechtlichen Sinne angesehen werden und welche nicht. Das hat Folgen für die jeweilige Besteuerung.

Die Besteuerung privater Kapitalanlagen ist seit jeher eine komplexe Angelegenheit. Damit sollte mit der Einführung der Abgeltungsteuer 2009 Schluss sein. So zumindest das hehre Ziel des Gesetzgebers zur damaligen Zeit. Die Banken sollten als verlängerter Arm des Fiskus für den Abzug der abgeltenden Kapitalertragsteuer sorgen und damit den Finanzämtern und Steuerpfiichtigen das Leben erleichtern. Die gelebte Realität sieht aber spätestens seit dem 1. Januar 2020 anders aus.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2020 beziehungsweise 1. Januar 2021 wurde für den wertlosen Verfall von Kapitalanlagen beziehungsweise für Verluste aus Termingeschäften eine neue Verlustverrechnungsbeschränkung eingeführt (§ 20 Abs. 6 S. Die Finanzverwaltung hat zwischenzeitlich entschieden, welche Investmentprodukte als Termingeschäfte im steuerrechtlichen Sinne angesehen werden und welche nicht. Das hat Folgen für die jeweilige Besteuerung. 5 und S. 6 EStG). Anleger dürfen Verluste aus dem wertlosen Verfall von Kapitalanlagen seit dem 1. Januar 2020 lediglich in Höhe von 20.000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnen. Ausgenommen von der Regelung sind lediglich bestandsgeschützte Altanteile, also Wertpapiere, die vor dem 1. Januar 2009 gekauft wurden.

Für Verluste aus Termingeschäften gilt diese Einschränkung seit dem 1. Januar 2021. Eine Verrechnung dieser Verluste darf bis 20.000 Euro lediglich mit Gewinnen aus Termingeschäften und erhaltenen Stillhalterprämien erfolgen. Über 20.000 Euro hinausgehende Verluste können grundsätzlich auf die folgenden Jahre vorgetragen und wiederum nur bis 20.000 Euro verrechnet werden.

Finanzverwaltung beantwortet offene Fragen.

Klärungsbedürftig war, bei welchen Produkten es sich um Termingeschäfte handelt. Hierzu hat sich das Bundesministerium für Finanzen (BMF) nun mit einem Schreiben vom 3. Juni 2021 geäußert. Bei Futures, Forwards, Swaps, Optionen und CFDs handelt es sich um Termingeschäfte. Jegliche Verluste aus solchen Produkten können dadurch lediglich in Höhe von 20.000 Euro im Rahmen der Veranlagung des Kunden verrechnet werden. Es erfolgt grundsätzlich keine Verrechnung solcher Verluste auf Bankebene. Bei Zertifikaten – exemplarisch seien hier K.o.-, Discount-, Bonusund Faktorzertifikate genannt –, Optionsscheinen und Anleihen handelt es sich jedoch nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht um solche Termingeschäfte. Diese unterliegen damit nur dann den neuen Verlustverrechnungsbeschränkungen, wenn es sich um eine wertlose Ausbuchung beziehungsweise einen wertlosen Verfall eines solchen Produkts handelt. Alle übrigen Verluste können grundsätzlich, wie gewohnt, im Verlusttopf berücksichtigt werden. Die Finanzverwaltung hatte es allerdings bisher verpasst, ein klarstellendes Beispiel einzufügen, wie mit Rückzahlungen von Kleinbeträgen (zum Beispiel 0,001 Euro) umzugehen ist. Dies wurde nun in einem kürzlich erschienenen Schreiben, das bisher lediglich im Entwurf vorliegt, nachgeholt. Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass eine Ausbuchung wertloser Wertpapiere insbesondere dann vorliegt, wenn diese bei Erreichen der Knock-out-Schwelle entschädigungslos, also ohne jeglichen Gegenwert, ausgebucht werden. Es soll zudem keine Wertlosigkeit vorliegen, wenn die Rückzahlung nicht lediglich einen symbolischen Wert in Höhe der voraussichtlichen Transaktionskosten hat. Die finale Fassung dieses Schreibens wird mit Spannung erwartet.

Bankebene weicht von Kundenebene ab.

Als Novum kommt für Anleger hinzu, dass eine Verrechnung der Verluste aus Termingeschäften und bei wertlosen Kapitalanlagen nur im Rahmen der persönlichen Veranlagung stattfinden darf. Es erfolgt damit künftig nicht mehr die gewohnte Verrechnung solcher Verluste nach § 20 Abs. 6 S. 5 und S. 6 EStG auf Bankenebene. Alle anderen Verrechnungsmöglichkeiten (Aktienverluste und sonstige Verluste) bleiben unberührt. Die vorgenannten Verluste aus Termingeschäften und dem wertlosen Verfall werden spätestens ab dem 1. Januar 2022 automatisch durch die Banken bescheinigt.

Bereits ab dem 1. Januar 2020 haben die Kunden die zutreffende steuerliche Behandlung aus den oben genannten Themen im Rahmen der Steuererklärung sicherzustellen. Spätestens ab dem 1. Januar 2022 bedeutet dies, dass jeder noch so kleine Verlust aus Termingeschäften oder dem wertlosen Verfall ausschließlich in der Steuererklärung des Kunden verrechnet werden kann, nicht aber auf Bankenebene. Zu beachten ist allerdings auch, dass für 2020/2021 den Banken Zeit eingeräumt wurde, die Änderungen systemseitig umzusetzen. In diesem Zeitraum und auch darüber hinaus kann es zu Unterschieden zwischen der Besteuerung auf Bankenebene und der zutreffenden steuerlichen Würdigung auf Kundenebene kommen. So dürfen seit dem 1. Januar 2021 etwa Verluste aus wertlosen Zertifikaten nicht mehr in den Verlusttopf eingestellt werden. Im Jahr 2020 gilt es zu beachten, dass etwa Verluste aus dem wertlosen Verfall eines Optionsscheines oder Knock-out-Zertifikats noch unbegrenzt im Verlusttopf auf Bankebene berücksichtigt werden konnten. Die Beschränkung der Verlustverrechnung bei wertlosen Finanzinstrumenten auf 20.000 Euro greift allerdings auf Ebene des Anlegers bereits seit dem 1. Januar 2020. Die zutreffende steuerliche Behandlung muss in der Steuererklärung sichergestellt werden.

BEDEUTENDES URTEIL ZUR VERLUSTVERRECHNUNG BEI AKTIEN

Seit 2009 dürfen Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus Aktien verrechnet werden. Der Bundesfinanzhof vertritt die Auffassung, dass es sich bei dieser Verlustverrechnungsbeschränkung um eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung handelt.

Es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja, welche Folgewirkungen dieses Urteil auf die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte und den wertlosen Verfall von Kapitalanlagen haben wird. Zudem sei darauf hingewiesen, dass wohl auch bereits eine Verfassungsbeschwerde gegen die neuen Verlustverrechnungsbeschränkungen eingereicht wurde.

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Olaf Hordenbach

Der Autor ist Chefredakteur des Kundenmagazins von BNP Paribas MÄRKTE & ZERTIFIKATE. Zuvor war er über viele Jahre Chefredakteur eines großen deutschen Börsenmagazins. Nun ist er seit 17 Jahren selbstständiger Finanzjournalist.