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Lohn-Preis-Spirale – Keine Angst
Die Lohn-Preis-Spirale ist an der Börse kein Thema
Wir fordern 10 Prozent mehr. Unsere Arbeit ist es wert! Diese und ähnliche Slogans können wir derzeit wohl überall sehen. Quer durch alle Berufsgruppen sind die Forderungen nach satten Lohnsteigerungen zu hören. Gerechtfertigt? Nun, nachdem in den zurückliegenden Monaten so ziemlich alles teurer geworden ist, kann man durchaus Verständnis haben. Zumal einige Berufe, die für das soziale Leben in diesem Land unentbehrlich sind, ohnehin tendenziell schon in der Vergangenheit eher unterbezahlt waren.
Doch was ist mit den mahnenden Worten derjenigen, die vor einer Lohn-Preis-Spirale warnen? Je höher die Löhne steigen, sagen sie, desto schneller steigen auch die Preise insgesamt, da die Löhne von den Unternehmen ja auch irgendwie finanziert werden müssen. Steigen die Preise, wird die Inflation angeheizt, was wiederum zu neuen Lohnforderungen führt und so weiter und so fort. Am Ende, so einige Experten, droht gerade durch die hohen Lohnforderungen eine Instabilität unserer gesamten Wirtschaft und damit des sozialen Friedens, der ja eigentlich durch steigende Löhne bewahrt werden sollte. Allerdings ist das mit der Lohn-Preis-Spirale sehr umstritten. Es gibt auch Experten, die die Existenz der Spirale schlichtweg bestreiten und das Konstrukt lediglich als Angstmacherei bezeichnen. Insbesondere in der aktuellen Situation resultiert die Inflation ja nicht aus gestiegenen Löhnen, sondern aus den deutlich höheren Energiepreisen. Und die wiederum sind so stark gestiegen, weil wir es schlichtweg in der Vergangenheit unterlassen haben, auf günstige Energiequellen umzusatteln, die weder mit Folgekosten (Stichwort Atomenergie und Endlagerung) noch mit Abhängigkeiten von anderen Ländern (Russland und Saudi-Arabien etwa) verbunden sind.
Die aktuelle Inflation ist ein gutes Stück weit hausgemacht, eine Folge der deutschen Politik, die seit mindestens 40 Jahren alles andere als innovativ und zukunftsorientiert ist. Beispiel gefällig? Statt in den 1980er-Jahren ein bundesweites Glasfasernetz zu verlegen, setzte die damalige CDU-Regierung unter Helmut Kohl auf das Kabelfernsehen. Eine Fehlentscheidung, die noch heute tagtäglich Wachstum kostet und die Inflation indirekt antreibt.
Also, die Lohn-Preis-Spirale mag ein Problem sein, aber im Vergleich zu politischen Fehlentscheidungen ist sie zu vernachlässigen. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum die Lohn-Preis-Spirale an der Börse kaum ein Thema ist. Neue Zahlen zur Lohnentwicklung gibt es übrigens am kommenden Freitag in den USA. Dort ist der durchschnittliche Stundenlohn auf Jahresbasis im Oktober um 4,1 Prozent gestiegen. Nach einer richtigen Spirale sieht das nicht aus.
Olaf Hordenbach
Der Autor ist Chefredakteur des Kundenmagazins von BNP Paribas MÄRKTE & ZERTIFIKATE. Zuvor war er über viele Jahre Chefredakteur eines großen deutschen Börsenmagazins. Nun ist er seit 17 Jahren selbstständiger Finanzjournalist.
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