Nachhaltig investieren

19.05.2023 · von Matthias Niklowitz

Die ESG-Schattenseiten der Big Techs

Alphabet/Google, Apple, Microsoft, Facebook – die Tech-Titanen sind nicht nur Taktgeber der Digitalisierung der Wirtschaft. Sie stecken auch in vielen ESG- und Nachhaltigkeitsfonds. Dafür gibt es Gründe: Wer beispielsweise via Teams mit anderen Menschen beruflich oder privat kommuniziert, vermeidet Flugreisen. Wer beispielsweise mit Google Maps Fahrtstrecken optimiert, vermeidet Umwege und damit höheren Spritverbrauch. Und wer wie Apple die Daten der User nicht gewinnbringend weiterverkauft, handelt im Sinne vieler User, die zunehmend genug haben von den digitalen Verführungen. Apple und Microsoft gelten auch als besonders ethisch handelnde Unternehmen.

Das zeigte sich in den vergangenen Monaten, und damit kommen wir schon auf die Schattenseiten der Big Techs zu sprechen: Viele große Tech-Unternehmen hatten viel Personal entlassen. Bei Salesforce.com beispielsweise, wo bisher der Firmengründer sehr viel über Nachhaltigkeit gesprochen und über Wohltätigkeitsstiftungen auch sehr viel übernommen hatte, waren zehn Prozent der Stellen linear gestrichen worden. „Und das, obwohl ich meine Zahlen geliefert hatte“, sagte Anfang Mai ein Betroffener aus der Schweiz. Die hohen Löhne, die in der Tech-Industrie bezahlt werden, sind oft auch eine Art Entschädigung für solche Stellenstreichungen. In der zyklischen Halbleiterindustrie weiß man das. Hier hat man indes auch interne Verfahren entwickelt, um die Anzahl der tatsächlich entlassenen Personen zu minimieren. Beispielsweise über freiwillige Abgänge und bevorzugte Wiedereinstellungen, sollte das Geschäft wieder anziehen. Etliche sehr rasch gewachsene Big Techs erleben jetzt einen Zyklus zum ersten Mal – und entsprechend unbedarft fällt dann oft auch die Handhabung von Entlassungen aus. Und je gröber diese Entlassungen vorgenommen werden, desto höher sind die Abzüge bei den ESG-Punkteskalen. 

Ebenfalls argwöhnisch werden gleichzeitig auch die Löhne und Entschädigungen der Top-Executives bei den Tech-Unternehmen beobachtet. Zweistellige Millionenbeträge sind hier üblich. Allerdings fließen in diese Gesamtrechnung in der Regel ein optisch kleiner Bargeld-Lohnanteil sowie eine Aktien- und Aktienoptionskomponente ein, bei der der Kursverlauf entscheidend für die Gesamtsumme ist. 2022 war für die Aktienentschädigung miserabel, weil der für die Höhe der Auszahlung maßgebliche Benchmark, der „Total Shareholder Return“, mau war. Dieses Jahr sieht es wieder besser aus – und damit vergrößert sich dann auch wieder die Differenz zwischen den Löhnen ganz oben und in der breiten Masse. Auch diese größer werdende Differenz gibt ESG-Punktabzüge. Beim dritten wichtigen ESG-Element, der Gewährleistung der Kundendaten-Sicherheit sowie der Vermeidung unnötiger weil zu weit gehender personalisierter Datenanalyse, liegt traditionell Apple vorne. Google zieht nach: Das für 2024 angekündigte Werbe-Cookie-Verbot bringt Punkte bei den Nachhaltigkeitsskalen. Das Unternehmen hat längst andere Wege gefunden, die User individuell zu erreichen. 

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von nachhaltigem Investieren berichtet Märkte & Zertifikate weekly an dieser Stelle jede Woche über Neuigkeiten am ESG-Markt sowie über die vielfältigen Aktivitäten von BNP Paribas in diesem Bereich.

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Matthias Niklowitz

Matthias Niklowitz ist Analyst und Journalist in Zürich (Schweiz). Themenbereiche sind Innovationen, Nachhaltigkeit und Technologie. Nach dem Studium in Zürich (Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftswissenschaften) arbeitete er in der universitären Forschung, bei Wirtschaftsmedien, in Banken und in Think Tanks in der Schweiz, in Frankreich, in Grossbritannien und in Deutschland. Matthias Niklowitz ist verheiratet, zur ganzen Familie gehören vier Kinder.

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