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Nachhaltig Investieren – Der rechtliche Status von Emissionszertifikaten ist unsicher

Der rechtliche Status von Emissionszertifikaten ist unsicher
Die Climate Week, die Ende September in New York stattgefunden hatte, brachte einige interessante Denkanstöße. Der wohl interessanteste Anstoß kam von Bankern: Sie zögern jetzt generell beim Thema Nachhaltigkeit und suchen eine neue Balance zwischen Rendite und Nachhaltigkeit. Die Präferenzen verschieben sich offensichtlich Richtung Rendite, auch weil die Klientel expliziter als noch vor wenigen Jahren danach verlangt. Auch vielen Asset Managern sitzen das Anlegerpublikum und die Aufsichtsbehörden im Nacken, wenn die Benchmark-Renditen nicht erreicht werden.
Denn die CO2-Emissionszertifikate, auf Englisch als „Carbon Credits“ bezeichnet, gelten als rechtlich merkwürdiges Konstrukt: Zwar ist nachvollziehbar, wie sie technisch funktionieren – die Zertifikate berechtigen zur Emission von CO2. Aber die dahinterstehende Mechanik ist unklar. Der Verwässerungseffekt ist beträchtlich, wenn, wie auch schon geschehen, Hunderttausende neue Zertifikate geschaffen werden, um die Industrie zu „entlasten“. Hier wirken offenbar Angebot, Nachfrage und der Zeitfaktor – die Zertifikate decken nur bestimmte Zeiträume ab – ganz anders zusammen als, sagen wir, bei Index-Zertifikaten. Schließlich gibt es, abgesehen von Europa, keine weltweite Regelung über die „richtigen“ Preise. Was in Europa 80 Euro pro Tonne kostet, ist in China für 10 Dollar zu haben. Ein Ausgleich findet nicht statt – die Differenzen werden lediglich über Ausgleichsmechanismen bei den Einfuhren halbwegs ausgeglichen. Laut Vertretern von Banken und Regulierungsbehörden passen solche Zertifikate auch nicht wirklich zu den Markt- und Handelsgesetzgebungen in vielen Ländern. Es fehlt nicht nur an der sauber formulierten Gesetzgebung, was solche Zertifikate sind, ob sie beispielsweise ein rechtliches Asset darstellen oder vielmehr nur ein Recht. Darüber hinaus fehlt es auch an der einheitlichen rechtlichen Handhabe, klagen Vertreter von Finanzunternehmen. Und solange solche Unsicherheiten bestehen, erscheint es unwahrscheinlich, dass Finanzdienstleister allzu hohes eigenes Engagement für das Thema zeigen. Für private Investoren, das haben die Erfahrungen der vergangenen Jahre gezeigt, sind Zertifikate auf solche Emissionszertifikate ebenfalls ein sehr schwieriges Terrain.
Immerhin soll sich jetzt die Weltbank um die rechtliche Standardisierung kümmern, wie in New York bekannt wurde. In Großbritannien kam kürzlich laut einem Bericht von Bloomberg die Rechtskommission für England und Wales zum Schluss, dass Carbon Credits eine neue Asset-Klasse darstellen könnten, ähnlich wie digitale Assets wie beispielsweise der Bitcoin. In der Rechtsprechung in Großbritannien gibt es bisher nur zwei Klassen: übertragbare Sachen wie Autos oder Immobilien sowie nicht übertragbare Sachen wie persönliche Verträge. Das größte Schreckens-Szenario jetzt: Es würde etliche Jahre dauern, bis die obersten Gerichte in den einzelnen Ländern geklärt haben, was genau die Emissionszertifikate sind.
Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von nachhaltigem Investieren berichtet Märkte & Zertifikate weekly an dieser Stelle jede Woche über Neuigkeiten am ESG-Markt sowie über die vielfältigen Aktivitäten von BNP Paribas in diesem Bereich.
Matthias Niklowitz
Matthias Niklowitz ist Analyst und Journalist in Zürich (Schweiz). Themenbereiche sind Innovationen, Nachhaltigkeit und Technologie. Nach dem Studium in Zürich (Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftswissenschaften) arbeitete er in der universitären Forschung, bei Wirtschaftsmedien, in Banken und in Think Tanks in der Schweiz, in Frankreich, in Grossbritannien und in Deutschland. Matthias Niklowitz ist verheiratet, zur ganzen Familie gehören vier Kinder.
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