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Nachhaltig Investieren

14.03.2025 · von Matthias Niklowitz

Die unterschätzte Rolle der Generalstaatsanwälte in den USA

Auf den ersten Blick sieht es düster aus: Die neue US-Regierung wrackt – teilweise komplett gegen die Interessen von Teilen ihrer Wählerinnen und Wähler – viele Elemente der ESG-Politik ab. Auf den zweiten Blick sieht es anders aus: Oft wird übersehen, wie mächtig in den USA die einzelnen Bundesstaaten sind. Und in diesen Bundesstaaten spielen die „Attorneys General“, die Generalstaatsanwälte, eine überaus wichtige Rolle.

Steve Marshall, Generalstaatsanwalt des US-Bundesstaats Alabama und Republikaner, gab kürzlich gegenüber Analysten Einblicke in seine Arbeit. So ist ein Generalstaatsanwalt eine Art „Chief Legal Officer“ eines Bundesstaats und in die Rechtsfälle von bundesstaatlichen Einrichtungen und ihren Aktivitäten mit den Bewohnern der Bundesstaaten involviert. In dieser Rolle haben die Generalstaatsanwälte einigen Einfluss darauf, wie Gesetze und Executive Orders aus der Hauptstadt umgesetzt werden. Zudem haben viele Entscheidungen Auswirkungen auf das ganze Land. Denn Bundesstaaten, die ein materielles Interesse an bestimmten Fällen in anderen Bundesstaaten haben, können sich solchen Verfahren gegenüber Washington anschließen. Das ist bereits einige Male passiert, als es um die Frage ging, ob und wie weit die Pensionskassen der Angestellten der Bundesstaaten die ESG-Bestimmungen bei der Anlage ihrer Gelder berücksichtigen müssen. Zudem sind die Generalstaatsanwälte verpflichtet, den Konsumentenschutz umzusetzen. Damit können sie auch Verfahren einleiten, wenn es um missbräuchliches Verhalten oder irreführende Werbung von Unternehmen geht. Schließlich lässt sich aus dieser treuhänderischen Rolle auch das weitere Handeln von Firmen beurteilen: Die Interessen der Aktionäre von Firmen und der Gesellschaft stimmen in vielen Punkten überein. Firmen sind explizit dazu verpflichtet, beispielsweise Technologien so einzusetzen, dass sie ihren langfristigen Wert steigern – ansonsten werden die Rechte gegenüber den Aktionären verletzt. Natürlich kann sich ein Unternehmen darauf konzentrieren, beispielsweise weiterhin aktiv Öl oder Gas zu fördern. Allerdings fällt es vielen dieser Firmen zunehmend schwer, ihren Aktionären nachvollziehbar zu erklären, wo denn der langfristige „Wert“ einer solchen Strategie liegt, zumal auch in den USA die Preise für Energie aus erneuerbaren Quellen weiterhin fallen. Wenn das nicht sauber erklärt wird, haben Generalstaatsanwälte Eingriffsmöglichkeiten.

Allerdings wies Marshall auch auf zwei Herausforderungen hin: Einerseits lassen sich nicht alle ESG-Themen so einfach wie am Beispiel fossiler Energieträger handhaben. Das Thema Diversität und Inklusion (DEI) ist weitaus schwieriger zu handhaben. Und andererseits gibt es in den USA bereits seit Jahren eine fundamentale Debatte rund um die treuhänderischen Pflichten und was dabei unter „materiell“ („wesentlich“) zu verstehen ist. Hierzu gibt es einen soliden Anhaltspunkt der US-Börsenaufsicht SEC: Ein Thema ist „materiell“, wenn ein rational denkender und handelnder Anleger es bei seiner Investitionsentscheidung berücksichtigt.

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von nachhaltigem Investieren berichtet Märkte & Zertifikate weekly an dieser Stelle jede Woche über Neuigkeiten am ESG-Markt sowie über die vielfältigen Aktivitäten von BNP Paribas in diesem Bereich.

Matthias Niklowitz

Matthias Niklowitz ist Analyst und Journalist in Zürich (Schweiz). Themenbereiche sind Innovationen, Nachhaltigkeit und Technologie. Nach dem Studium in Zürich (Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftswissenschaften) arbeitete er in der universitären Forschung, bei Wirtschaftsmedien, in Banken und in Think Tanks in der Schweiz, in Frankreich, in Grossbritannien und in Deutschland. Matthias Niklowitz ist verheiratet, zur ganzen Familie gehören vier Kinder.

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