Nachhaltig Investieren

11.10.2024 · von Matthias Niklowitz

Finanzieller Nutzen der Nachhaltigkeitsregulierung berechenbar

„Die Regulierung ist viel zu teuer!“ – Solche Klagen hört man von Vertretern von Banken. Aber auch von Versicherungen. Bei Pharma ist es nicht anders. Die Luftfahrt kennt das Wehklagen ebenfalls – siehe Unterthema „zusätzliche Steuern“. Und die EU-Regulierung zum Verbrennerauto-Verbot nach 2035 beschäftigt derzeit eine weitere Branche vernehmlich. Typischerweise werden hierbei jeweils zunächst die Kosten der Regulierung genannt: Produkte und Dienstleistungen würden teurer, das schmälere den Absatz und verschlechtere die Position im globalen Wettbewerb. 

Nur selten hört man etwas zum Nutzen der Regulierung. In den USA gibt es Einrichtungen wie Regulation Rodeo, welche die Daten zu den einzelnen Gesetzesvorhaben sammeln, die Kosten und den Nutzen schätzen und regelmäßig Berichte schreiben. Seit 2005 hat man hier Erkenntnisse zu fast 6.900 Maßnahmen gesammelt. Den zusätzlichen Aufwand durch diese Einführungen schätzt man auf 1,4 Billionen Stunden. Daraus lassen sich – zusammen mit weiteren Faktoren – die Kosten ableiten. Auch für den Nutzen von Regulierungen gibt es Berechnungen, die sich auf plausible Annahmen stützen. Jetzt, im Vorfeld der US-Präsidentenwahlen, versuchen sich einzelne Politiker als „Retter der Wirtschaft“ zu verkaufen, verbunden mit dem Hinweis, „die zu teure Regulierung, die eh nichts bringt“, abzuschaffen. Das wird kaum geschehen, denn ausgerechnet bei den teuersten Regulierungswerken der vergangenen Jahre ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis überraschend gut, beispielsweise bei den neuen Vorschriften zu den Emissionen bei leichten Nutzfahrzeugen. Diese Regelung wurde dieses Jahr beschlossen, sie tritt 2027 in Kraft. Die Kosten werden auf 870 Milliarden Dollar geschätzt, der Nutzen wird mit 2,7 Billionen Dollar ausgewiesen. Ein ähnliches Verhältnis – 180 Milliarden Dollar Kosten, 570 Milliarden Nutzen – stellt man für ein weiteres Gesetz fest, bei dem die Emissionen bereits nach 2023 reduziert wurden. Als drittteuerste Regulierung gilt die zum verbesserten Cyberschutz für die Rüstungsindustrie. Dieses Gesetz war von der Trump-/Pence-Administration 2020 beschlossen worden. Die Kosten liegen hier bei 93 Milliarden Dollar. Präzise Schätzungen zum Nutzen sind hier kaum zu machen, die Summe dürfte aber laut Analysten deutlich über den Kosten liegen.

Den größten Hebel stellt man bei der Fortsetzung des Medicare-Programms fest. Dieses fällt auch unter das Thema Regulierung, weil hierbei die Preise etlicher Medikamente auf dem ansonsten freien US-Markt per Dekret gedeckelt werden. Die Kostenschätzungen liegen bei 43 Milliarden Dollar, der Nutzen wird auf 258 Milliarden veranschlagt. Natürlich gibt es einige Herausforderungen: Der Nutzen der Regulierung verteilt sich gewöhnlich auf die breite Bevölkerung. Die Kosten dagegen konzentrieren sich bei einigen wenigen Unternehmen. Wobei diese, wie beispielsweise die Fahrzeughersteller, die höheren Auslagen für Forschung, Entwicklung und zusätzliche Einbauten in den Autos ziemlich problemlos an die Autokäufer weitergeben können.  

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von nachhaltigem Investieren berichtet Märkte & Zertifikate weekly an dieser Stelle jede Woche über Neuigkeiten am ESG-Markt sowie über die vielfältigen Aktivitäten von BNP Paribas in diesem Bereich.

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Matthias Niklowitz

Matthias Niklowitz ist Analyst und Journalist in Zürich (Schweiz). Themenbereiche sind Innovationen, Nachhaltigkeit und Technologie. Nach dem Studium in Zürich (Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftswissenschaften) arbeitete er in der universitären Forschung, bei Wirtschaftsmedien, in Banken und in Think Tanks in der Schweiz, in Frankreich, in Grossbritannien und in Deutschland. Matthias Niklowitz ist verheiratet, zur ganzen Familie gehören vier Kinder.

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