Nachhaltig investieren

24.01.2025 · von Matthias Niklowitz

„Urbane Resilienz“ wird zum neuen ESG-Thema

Rund 78 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner Deutschlands leben in Städten. Damit liegt Deutschland EU-weit etwa im Durchschnitt. Deutlich höher ist der Anteil in Ländern wie Belgien (98 Prozent Urbanisierungsgrad), den Niederlanden (93 Prozent) und Schweden (92 Prozent). Im Vergleich dazu sind es in den USA „nur“ 80 Prozent.

Der Urbanisierungsgrad rückte in den vergangenen Wochen (auch) durch die katastrophalen Brände in und um Los Angeles wieder in das Bewusstsein von Versicherungsgesellschaften und Investoren. Denn nicht nur Brände, auch Hitzestau während der warmen Jahreszeiten, die zusätzliche Aufheizung von Innenstädten durch Klimaanlagen sowie Stürme und Überflutungen sind Herausforderungen, die sich mit dem Klimawandel verschärfen. Viele große Städte befinden sich an Meeren oder in Meeresnähe.  

In der aktuellen Debatte um die Gefährdung von urbanen Gebieten unterscheidet man zwischen „Klima-Adaption“ und „Klima-Resilienz“. Unter „Adaption“ versteht man in diesem Zusammenhang alles, was hilft, in einer heißeren Umwelt zu überleben. „Resilienz“ bezeichnet dagegen die Fähigkeit, Katastrophen besser zu verkraften und danach rascher wieder in den Normalzustand zurückzukehren. 

Für solche Anpassungen gibt es erste Kostenschätzungen. In der Stadt New York beispielsweise leben drei Viertel der Bewohnerinnen und Bewohner in Gebieten, die potenziell durch Fluten, Stürme oder Hitze gefährdet sind. Im Jahr 2023 gab man gemäß dem zuständigen Stadt-Department 830 Millionen US-Dollar für direkte Anpassungen und weitere 1,3 Milliarden Dollar für damit zusammenhängende Zwecke aus. Mit ähnlichen Summen kalkuliert man in Boston und in Miami.

In diesen Städten gibt es mit dem „Chief Climate Resiliency Officer“ bereits erste neue Job-Profile in den öffentlichen Verwaltungen. Anschubfinanzierungen erfolgten vor zehn Jahren durch die Rockefeller-Stiftung. Obwohl die Kassen vielerorts knapp sind, sind solche Vorhaben politisch ziemlich unumstritten. Brände und Sturmfluten betreffen auch und gerade die besonders exponierten Immobilien von Wohlhabenden.

Zwei Themen rücken aus ESG-Investoren-Sicht in den Vordergrund: Einerseits ist eine Art „Umweltgerechtigkeit“ erforderlich, um möglichst viele Menschen möglichst gut vor dem Klimawandel zu schützen und nicht alte Ungleichheiten mit neuen Geldern und Vorhaben zu vergrößern. Andererseits bedeutet das einen Boom für die vielen kleineren und mittelgroßen Firmen, die in unterschiedlichen Bereichen auf diesem Gebiet aktiv sind: Es sind nicht nur Unternehmen, die sich auf nachhaltige Gärten, Parkanlagen und Küstenregionen spezialisiert haben. Hinzu kommen nämlich weitere für Frühwarnsysteme, künstliche Riffe, kühlende Dächer, wärmeabstrahlende Farben und Oberflächen sowie zahlreiche weitere Aufgaben. Die größte Lücke besteht inzwischen woanders: Es gibt bisher weder in den USA noch in Europa brauchbare ETFs oder Fonds, um diese Entwicklung zu unterstützen beziehungsweise an den Potenzialen zu partizipieren.

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von nachhaltigem Investieren berichtet Märkte & Zertifikate weekly an dieser Stelle jede Woche über Neuigkeiten am ESG-Markt sowie über die vielfältigen Aktivitäten von BNP Paribas in diesem Bereich.

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Matthias Niklowitz

Matthias Niklowitz ist Analyst und Journalist in Zürich (Schweiz). Themenbereiche sind Innovationen, Nachhaltigkeit und Technologie. Nach dem Studium in Zürich (Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftswissenschaften) arbeitete er in der universitären Forschung, bei Wirtschaftsmedien, in Banken und in Think Tanks in der Schweiz, in Frankreich, in Grossbritannien und in Deutschland. Matthias Niklowitz ist verheiratet, zur ganzen Familie gehören vier Kinder.

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