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Zelten in unruhigen Zeiten

Deutsche Campingplätze melden Rekordzahlen
„Mach mir mal keine Fisimatenten“, sagte mir meine Oma immer. Und obwohl ich nicht genau wusste, was sie meinte, man verstand doch, was sie wollte: Mach halt keinen Blödsinn. Dabei streiten Etymologen bis heute, woher der Begriff „Fisimatenten“ eigentlich kommt. Eine Deutung: Als Frankreich Anfang des 19. Jahrhunderts große Teile Deutschlands besetzt hielt, sollen französische Soldaten deutsche Frauen mit dem Satz „Visitez ma tente“ versucht haben, in ihr Zelt zu locken. Daraus wurde dann das eingedeutschte „Fisimatenten“.
Wie auch immer, „Fisimatenten“ ist auf jeden Fall ein Trend. Es wird nämlich wieder gezeltet und gecampt. Im zurückliegenden Jahr verzeichneten Deutschlands Campingplätze einen Rekord, über 43 Millionen Übernachtungen, so die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Das sind 20 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Das Übernachten in Zelt und Wohnwagen scheint also mehr als nur aus der Not geboren. Die Pandemie ist abgeklungen, doch die Lust am Campen ist geblieben.
Warum? Nun, darüber kann man streiten. Was den einen ein Graus, ist den anderen ein unvergessenes Urlaubserlebnis. Natürlich, „ökologisch und entspannend“ ist auf jeden Fall ein Trend. Umfragen zufolge waren im zurückliegenden Jahr über 30 Prozent der Camper an einem naturnahen Erlebnis interessiert. Und das am besten in Küstennähe. Schleswig-Holstein war mit 3,4 Millionen Übernachtungen die Nummer eins im zurückliegenden Campingjahr und wird dies wohl auch im laufenden Jahr sein. Hoch im Kurs auch die niedersächsische Nordseeküste und die Ostseeküste Mecklenburgs. Dabei sind moderne Campingplätze weit mehr als „Zeltlagerstätten“. Im Grunde genommen ist ein Campingplatz von heute quasi wie ein 4-Sterne-Hotel, nur halt nicht mit Zimmern, sondern mit Stellplätzen. Pools, Saunen und Fitnessbereiche gehören ebenso dazu wie Unterhaltungs- und Ausflugsangebote, und das alles naturverträglich. Das macht sich auch bei den Preisen bemerkbar. Im Jahr 2024 waren Übernachtungen auf einem Wohnmobilstellplatz fast 30 Prozent teurer als im Corona-Jahr 2020. Das liegt deutlich über dem Durchschnitt aller Übernachtungsangebote einschließlich Hotels – sie kletterten im gleichen Zeitraum nur um 23 Prozent.
Campen als Outperformer. Warum nicht? Ein Trend, von dem Anleger profitieren können. Zwar gibt es kaum börsennotierte „Camping-Aktien“, doch die Ferienbranche insgesamt ist in den Fokus gerückt. Besonders der Umstand, dass Donald Trump in den USA für schlechte Stimmung sorgt, lenkt ganze Touristenströme um. Weniger USA, mehr Europa. Während die Hotels an Floridas Küste über massive Buchungsrückgänge klagen, könnte es in Paris, Berlin, Rom und Madrid in diesem Jahr richtig voll werden. Europäische Reise-Aktien gehören auf die Watchliste. Mehr dazu in der aktuellen Ausgabe von MÄRKTE & ZERTIFIKATE.
Olaf Hordenbach
Olaf Hordenbach ist Chefredakteur des Kundenmagazins von BNP Paribas MÄRKTE & ZERTIFIKATE. Zuvor war er über viele Jahre Chefredakteur eines großen deutschen Börsenmagazins. Nun ist er seit 17 Jahren selbstständiger Finanzjournalist.
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