Bonus Calls – Hintergrundwissen

14.10.2021
Bonus Calls sind auf den ersten Blick ausgesprochen komplexe Hebelprodukte. Wenn man jedoch einmal verstanden hat, aus welchen „Bausätzen“ dieses Hebelprodukt zusammengesetzt ist, klären sich viele Fragen und das Produkt wird wesentlich transparenter.

So entsteht ein Bonus Call

Zunächst sollte kein Zweifel daran bestehen, dass das Grundgerüst eines Bonus Calls ein herkömmlicher Call Optionsschein ist. Das lässt sich schnell erklären: Bei Erlöschen der Zusatzchance entspricht der Auszahlungsbetrag am Laufzeitende immer dem eines herkömmlichen Call Optionsscheins. Gleiches gilt, sofern die Differenz aus Referenzpreis und Basispreis höher ist als die Differenz aus Bonuskurs und Basispreis. In den beiden Extremszenarien, also bei stark gefallenen oder stark gestiegenen Kursen des Basiswertes, entspricht somit der Auszahlungsbetrag am Laufzeitende dem eines herkömmlichen Call Optionsscheins. Somit bleibt nur noch zu klären, wie der Auszahlungsmodus zwischen diesen beiden Extremszenarien abgebildet wird.
 
Betrachten wir die Referenzpreise an der Grenze der positiven Extremsituation, wenn also der Basiswert auf der Höhe des Bonuskurses notiert. Ab dieser Stelle bleibt der Auszahlungsbetrag konstant, auch wenn der Kurs des Basiswertes fällt. Welches Hebelprodukt erwirtschaftet positive Auszahlungsbeträge bei fallenden Kursen eines Basiswertes? Der Put! Genau so ist es auch bei Bonus Calls. Ab dem Bonuskurs sorgt eine zusätzliche Put Option für die Finanzierung des Betrags, der nötig ist, um die Differenz zwischen dem Mindestbetrag (Bonuskurs – Basispreis) und dem niedrigeren Auszahlungsbetrag des Call Optionsscheins (Referenzpreis – Basispreis) zu decken. Dieser Put hat einen Basispreis in Höhe des Bonuskurses und natürlich die gleiche Laufzeit wie der Call. Jeder Euro, den der Referenzpreis unter dem Bonuskurs notiert, wird durch den
Auszahlungsbetrag des Puts am Laufzeitende ausgeglichen. Liegt der Referenzpreis über dem Basispreis, so verfällt der Put natürlich wertlos.

Zeitwertgewinn, Zeitwertverlust

Die Laufzeit hat neben der Kursentwicklung des Basiswertes einen entscheidenden Einfluss auf den Preis von Bonus Calls. Bei herkömmlichen Call Optionsscheinen gilt die Regel: je länger die Laufzeit, umso höher der Preis, und umgekehrt: je kürzer die Laufzeit, umso niedriger der Preis. Daraus folgt, dass der Zeitwert zum Ende der Laufzeit gegen null läuft und herkömmliche Optionsscheine einem Zeitwertverlust unterliegen. Wir haben das in dem Abschnitt über die Optionsscheine bereits eingehend erklärt. Das gilt in dieser Ausschließlichkeit jedoch nicht für Bonus Calls, da gegen Ende der Laufzeit, sofern der aktuelle Kurs des Basiswertes in der Nähe der Barriere notiert, Szenarien für einen Zeitwertgewinn entstehen können. Wir möchten das an zwei Beispielen erklären:
 
Beispiel Zeitwertgewinn:
Die A&A Aktie notiert ein paar Tage vor Fälligkeit des Bonus Calls bei 10,50 Euro. Dieser hat einen Basispreis und eine Barriere in Höhe von 10 Euro, der Bonuskurs liegt bei 12 Euro. Aufgrund der sehr kurzen Laufzeit ist es unwahrscheinlich, dass der Kurs des Basiswertes bis zum Bewertungstag den Bonuskurs überschreitet. Daher sollte es auch ohne die Anwendung von finanzmathematischen Berechnungen einleuchten, dass die größte Eintrittswahrscheinlichkeit hinsichtlich der Höhe des Auszahlungsbetrags am Laufzeitende bei den Ergebnissen 0 Euro oder 2 Euro liegen wird. Der aktuelle Preis des Bonus Calls wird somit irgendwo zwischen diesen beiden Extremwerten notieren. Wenn sich nun der Kurs der Aktie bis zum Ende der Laufzeit nicht mehr bewegen sollte, wird der Preis des Bonus Calls sukzessive auf den Wert von 2 Euro steigen, da dieser Betrag dann zur Auszahlung kommt.¹⁶ In diesem Fall würde der Bonus Call einen Zeitwertgewinn verzeichnen.
¹⁶ 12 - 10 = 2
 
Beispiel Zeitwertverlust:
Die A&A Aktie notiert kurz vor Fälligkeit des Bonus Calls bei 12 Euro. Dieser hat einen Basispreis und eine Barriere in Höhe von 10 Euro, der Bonuskurs liegt bei 12 Euro. In diesem Fall wird der Bonus Call leicht über dem Inneren Wert in Höhe von 2 Euro notieren, sagen wir bei 12,50 Euro. Warum? Weil gegenüber dem vorherigen Beispiel bis zum Ende der Laufzeit des Bonus Calls weiterhin eine große Chance besteht, dass die Aktie steigt und der Anleger einen entsprechend höheren Auszahlungsbetrag erhält als den momentanen Inneren Wert in Höhe von 2 Euro.¹⁷ Diese Chance wird durch den Zeitwert, den wir von herkömmlichen Call Optionsscheinen kennen, im Preis reflektiert. Sofern nun aber der Kurs der Aktie bis zum Ende der Laufzeit tatsächlich nicht weiter steigt, vielleicht sogar leicht fällt, wird der Preis des Bonus Calls sukzessive in Richtung 2 Euro fallen. In diesem Fall würde der Bonus Call einen Zeitwertverlust erleiden.
¹⁷ 12 - 10 = 2
 
Fazit: Bei Bonus Calls ist kurz vor Laufzeitende sowohl ein Zeitwertgewinn als auch ein Zeitwertverlust möglich. Welches Szenario relevant ist, hängt von der Laufzeit, dem Kurs des Basiswertes sowie dem Basispreis und dem Bonuskurs des Bonus Calls ab.

Preisbildung

Hinsichtlich der grundsätzlichen Diskussion, wie der Zeitwert und der Innere Wert von Optionsscheinen zu interpretieren sind und welche Rolle Dividenden und die Volatilität bei der Preisbildung von Optionsscheinen spielen, möchten wir auf das Kapitel „Hintergrundwissen“ in dem Beitrag zu Optionsscheinen in diesem Handbuch verweisen. Im Folgenden wollen wir uns deswegen auf die Diskussion der Preisbildung des Bonus Calls fokussieren, unter der Annahme, dass es nicht zu einem Verletzen der Barriere gekommen ist.
 
Die Preisbildung von Bonus Calls während der Laufzeit ist etwas komplexer als die von herkömmlichen Optionsscheinen. Das liegt an der Knock-out-Komponente des Puts. Zum einen kann deswegen keine Aussage über den Effekt der erwarteten Dividenden während der Laufzeit auf den Preis des Bonus Calls getroffen werden, sodass er über alle Wertebereiche des Basiswertes Gültigkeit hätte. Zum anderen ist es ebenso unmöglich, eine generelle Aussage über die Auswirkungen von Veränderungen der Volatilität zu treffen.
 
Lassen Sie uns deswegen zum Abschluss betrachten, welche Faktoren während der Laufzeit Einfluss auf den Preis von Optionsscheinen haben und wie die Veränderungen zu beurteilen sind. Dabei sollten Sie auch hier berücksichtigen, dass die isolierte Betrachtung einzelner Preisbildender Faktoren immer nur zu der Aussage führen kann, dass sich etwas „Wert steigernd“ oder „Wert mindernd“ auswirkt. Manchmal lässt sich auch gar keine generelle Aussage treffen. Letzten Endes kommt es ja für die tatsächliche Wertentwicklung während der Laufzeit auf die Summe aller Preis bildenden Faktoren
an.

1. Veränderungen des Kurses des Basiswertes

Call: Ein steigender Kurs des Basiswertes wirkt sich grundsätzlich Wert steigernd, ein fallender grundsätzlich Wert mindernd auf den Preis eines Bonus Calls aus. Das gilt vor allem bei langen Laufzeiten. In extremen Situationen, wenn die Laufzeit sehr kurz ist und der Kurs des Basiswertes zwischen dem Basispreis und dem Bonuskurs notiert, können sich in einem sehr engen Wertebereich die im Grundsatz gegenläufigen Reaktionen der in dem Produkt enthaltenen Call und Put Option auf die Kursbewegungen des Basiswertes kompensieren.
 
2. Laufzeit
Bonus Calls unterliegen wie herkömmliche Optionsscheine einem Zeitwertverlust. Das heißt, dass sich der Ablauf der Laufzeit Wert mindernd auf den Preis auswirkt. In Ausnahmesituationen kann es kurz vor Ende der Laufzeit zu einem Zeitwertgewinn kommen. Wir haben das oben in dem Abschnitt „Zeitwertgewinn, Zeitwertverlust“ näher erläutert.
 
3. Erwartete Dividenden
Sofern von steigenden Dividenden gegenüber der ursprünglichen Schätzung ausgegangen wird, wirkt sich diese Änderung der Erwartung bei Bonus Calls grundsätzlich Wert mindernd aus. Sofern von sinkenden Dividenden gegenüber der ursprünglichen Schätzung ausgegangen wird, wirkt sich diese Änderung der Erwartung bei Bonus Calls grundsätzlich Wert steigernd aus. In Ausnahmesituationen können Änderungen in der Annahme hinsichtlich der Höhe zukünftiger Dividenden keine Auswirkungen auf den Preis von Bonus Calls haben. Das ist dann der Fall, wenn der Erwartungswert für den Kurs des Basiswertes bezogen auf das Laufzeitende sowohl vor als auch nach der Änderung zwischen dem Basispreis und dem Bonuskurs liegt.
 
4. Zinsen
Wie wir von herkömmlichen Optionsscheinen wissen, führen Zinsänderungen grundsätzlich zu gegenläufigen Preiseffekten bei Call und Put Optionen, die – wie dargestellt – beide in der Grundstruktur eines Bonus Calls enthalten sind. Aufgrund der Auswirkungen auf die Finanzierungskosten haben steigende Zinsen bei Calls einen Wert steigernden Effekt, fallende Zinsen einen Wert mindernden Effekt. Bei Puts kann das, abhängig von der Höhe der Leihezinsen, umgekehrt sein. Bei Bonus Calls überkompensiert jedoch der Effekt der Finanzierungskosten den gegebenenfalls gegenläufigen Effekt des Knockout- Puts, da die für herkömmliche Call Optionsscheine geltende Regel für die Auswirkungen von Zinsänderungen ihre Gültigkeit behält.

Zusammenfassung

  • Bonus Calls sind aufgrund des Zusatzelements eine interessante Alternative zu herkömmlichen Optionsscheinen. Sofern die Barriere nicht verletzt wird, kann ein Totalverlust vermieden werden.

  • Sofern der Erwerbspreis zuzüglich der Kosten unter dem Mindestbetrag liegt, hat der Anleger die Chance, im Gegensatz zu herkömmlichen Call Optionsscheinen eine Mindestrendite zu erwirtschaften. Diese Chance besteht nur, solange die Barriere nicht verletzt wird.

  • Einige Preis bildende Faktoren verhalten sich nicht in jedem Wertebereich des Basiswertes so, wie es bei herkömmlichen Call Optionsscheinen zu beobachten ist. Es handelt sich dabei jedoch um Sondersituationen, die nur in bestimmten Extremfällen relevant sind.

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