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Inflation – Mehr Geld für Aktien

22.07.2022 · von Holger Bosse

Weil die Inflation anzieht, verändern Konsumenten ihr Kaufverhalten.

Weniger Geld für Essen, Körperpflegeprodukte und Bekleidung, dafür mehr Ausgaben für Reisen – so könnte man das Ergebnis einer jüngsten Umfrage unter deutschen Konsumenten durch das Marktforschungsinstitut GfK zusammenfassen. So sind im Zeitraum Januar bis Mai 2022 die verkauften Mengen an frischem Fleisch, Wurst, Gemüse und Obst um über acht Prozent eingebrochen. Gleichzeitig stieg der Anteil der günstigeren Eigenmarken der Hersteller am Gesamtumsatz im Lebensmittelhandel in den ersten drei Monaten um knapp 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Ähnlich die Entwicklung bei der Bekleidung. Die Verbraucher kauften verstärkt bei Textildiscountern ein. Dadurch sank der bezahlte Durchschnittspreis unter das Niveau von vor zwei Jahren.

Das ist bemerkenswert und zeigt das vielseitige Gesicht der Inflation. Weil auf der einen Seite vor allem die Preise für Energie steigen, weichen die Menschen auf der anderen Seite aus und kaufen bei Alltagsprodukten billiger ein. Die Inflation führt also zu einer Verlagerung der Ausgaben. Während dort gespart wird, wird an anderer Stelle mehr ausgegeben, entweder gezwungenermaßen, wie beim Tanken, oder freiwillig, wie etwa beim Reisen. Die Touristikbranche rechnet mit einer starken Erholung im laufenden Jahr. Die Buchungszahlen für private Urlaubsreisen sind in der aktuellen Sommersaison vergleichbar mit 2019 und gehen teils sogar darüber hinaus, heißt es seitens der Marktforschungsexperten.

Die Verlagerung der Ausgaben durch die Konsumenten müsste eigentlich auch der Börse zugutekommen, so meine Überlegung. Denn einerseits kann man nach dem kräftigen Kursrückgang, den wir in den zurückliegenden Monaten sehen konnten, nun wieder günstiger an der Börse einsteigen. Andererseits haben die Themen private Vorsorge und Inflationsausgleich ja nichts an Brisanz verloren, ganz im Gegenteil. Da passt es gut ins Bild, dass unter den Jüngeren in unserem Land das Interesse an der Börse stark zugenommen hat. Die Anzahl der Aktionäre in der Altersgruppe 14 bis 29 Jahre lag 2021 bei knapp 1,5 Millionen, 2019 waren es nur rund 860.000 Personen, so die Angaben des Deutschen Aktieninstituts. Weniger Geld für Essen, Körperpflegeprodukte und Bekleidung – dafür mehr für Aktien? Ja, so könnte ich mir das vorstellen. Und sind es vor allem die Jüngeren, die mehr investieren, wird dies auch das Antlitz der Börse verändern. Mehr Umwelt, weniger traditionelle Industrie – in diese Richtung könnte sich der Kurszettel der deutschen Börse verändern.

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Olaf Hordenbach

Der Autor ist Chefredakteur des Kundenmagazins von BNP Paribas MÄRKTE & ZERTIFIKATE. Zuvor war er über viele Jahre Chefredakteur eines großen deutschen Börsenmagazins. Nun ist er seit 17 Jahren selbstständiger Finanzjournalist.

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