Nachhaltig investieren
Die Klima-Diplomatie macht sich positiv bemerkbar
Greenwashing, die Umklassifizierung von etlichen Artikel-9-Nachhaltigkeitsfonds in die „weichere“ Artikel-8-Kategorie, und die Frage, ob und wie nachhaltig Gas- und Atomkraft unter dem Eindruck des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine sind – für viele Anleger mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit präsentiert sich das Bild Anfang 2023 unübersichtlich.
Es gab 2022 auch einige Fortschritte, die sich erst in diesem und in den kommenden Jahren an den Märkten und Börsen bemerkbar machen werden. Wie beispielsweise das Thema Artenschutz. Bereits 2030 sollen mindestens 30 Prozent der Land- und Wasserflächen entsprechend geschützt sein, hinzu kommen die Zahlungen der entwickelten Länder an die ärmeren Nationen. Neue Geschäftsmodelle werden derzeit von Start-ups und etablierten Unternehmen entwickelt. Hier zeichnet sich ein neues, attraktives Investmentthema ab, bei dem „Impact“ gleich von Anfang an im Zentrum steht. Der Inflation Reduction Act, der in den USA beschlossen wurde und der 374 Milliarden US-Dollar Investitionen in den Klimaschutz vorsieht, ist zwar geografisch begrenzt, aber die Wirkungen sind dennoch weltweit zu spüren: Die Aktien vieler Firmen aus den Bereichen Solar- und Windkraft sowie elektrische Mobilität verzeichneten in den vergangenen Monaten deutliche Kursgewinne, man stellt sich hier auf einen jahrelangen Boom und volle Auftragsbücher ein.
Bisherige Erfahrungen mit großen Programmen zeigen, dass Unternehmen und Aktionäre von solchen Programmen höchst unterschiedlich profitieren. Oft setzen sich besseres Lobbying gegen bessere Technologien und große Unternehmen gegen kleinere Start-ups durch. Auch die Anpassungen bei der Emissionsbesteuerung in der EU ist auf den ersten Blick eine auf einen Kontinent beschränkte Entwicklung. Aber auch hier werden die Auswirkungen des Carbon Border Adjustment Mechanism weltweit sichtbar sein. Denn damit sollen mögliche Wettbewerbsverzerrungen bei europäischen Unternehmen gegenüber nichteuropäischen Konkurrenten ausgeglichen werden. Belohnt werden sollen weiterhin diejenigen Firmen (und ihre Aktionäre), die kontinuierlich die Emissionen und die damit verbundenen Kosten senken. Mit der Ausweitung der Emissionszertifikate-Pflicht auf weitere Branchen bringt die EU weitere Firmen unter Zugzwang. Diese stehen vor der Wahl, zukünftig laufend mehr Geld für die Kompensation der von ihnen verursachten Emissionen auszugeben – oder diese gleich lieber zu vermeiden.
Und auch die Tatsache, dass die USA und China trotz aller Differenzen über gemeinsame Interessen rund um das Thema Klima sprechen, ist ein ermutigendes Zeichen. Die beiden Länder sind nicht nur die beiden größten Volkswirtschaften, sondern auch die größten Emittenten von Treibhausgasen. Wenn man sich hier auf gemeinsame Schritte verständigt, belohnt man auch die globalen Unternehmen, die an ihren wichtigen Produktionsstandorten und in ihren wichtigsten Abnehmermärkten die gleichen hoch gesteckten Ziele beim Klimaschutz verfolgen.
Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von nachhaltigem Investieren berichtet Märkte & Zertifikate weekly an dieser Stelle jede Woche über Neuigkeiten am ESG-Markt sowie über die vielfältigen Aktivitäten von BNP Paribas in diesem Bereich.
Matthias Niklowitz
Matthias Niklowitz ist Analyst und Journalist in Zürich (Schweiz). Themenbereiche sind Innovationen, Nachhaltigkeit und Technologie. Nach dem Studium in Zürich (Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftswissenschaften) arbeitete er in der universitären Forschung, bei Wirtschaftsmedien, in Banken und in Think Tanks in der Schweiz, in Frankreich, in Grossbritannien und in Deutschland. Matthias Niklowitz ist verheiratet, zur ganzen Familie gehören vier Kinder.
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