Nachhaltig investieren
Zahlreiche Fortschritte bei europäischer ESG-Regulierung
Für Anleger und Konsumenten ändert sich in diesem Jahr in Europa viel – und bei vielen Veränderungen steht der Klimaschutz im Vordergrund. So passierte Mitte Dezember 2022 eine Vorlage das EU-Parlament, wonach zukünftig neue Solaranlagen in Europa viel schneller installiert werden können. Der Bewilligungsprozess soll in den Kernbereichen auf höchstens neun Monate verkürzt werden. Bei kleinen Anlagen, wie sie bei Privathäusern üblich sind, wird als maximales Limit ein Monat angestrebt. Firmen und Aktionäre von Solaranlagenherstellern sowie die angrenzenden Bereiche (Installation) werden hiervon besonders profitieren – viele Hersteller befinden sich indes in China.
Ebenfalls Mitte Dezember kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen EU-Staatsfonds an. Details hierzu sind noch nicht festgelegt. Vor allem für aufstrebende, relativ junge gelistete europäische Firmen aus dem Nachhaltigkeitsbereich ist das eine sehr gute Nachricht. Bis 2030 sollen alle Verpackungsmaterialien in der EU wiederverwertet werden können. Bis 2040 will man generell den Verpackungsaufwand um 15 Prozent verringern. Für viele Unternehmen, gerade aus dem Consumer-Bereich, kommt damit ein neues Kapitel ihrer ESG-Berichterstattung hinzu: Sie müssen bald darlegen, wo und wie sie ihren Verpackungsaufwand senken. Forschung und Entwicklung dürfte zunächst eine preistreibende Wirkung haben, bevor die positiven Effekte einsetzen. Am 9. Dezember 2022 hatte die EU beschlossen, dass die Batterien, die in Europa hergestellt werden, zukünftig die nachhaltigsten weltweit sein sollen.
Die neue Regelung betrifft alle Etappen von der Herstellung über die Nutzung bis hin zur Wiederverarbeitung. Es sind auch alle Batterie-Varianten eingeschlossen. Die entsprechenden Hersteller müssen sich auf eine detaillierte Berichterstattungspflicht ab 2024 einstellen, ab Mitte 2025 gelten konkrete Ziele und bis 2030 sollen 73 Prozent der Batterieproduktion für tragbare Geräte den neuen Anforderungen entsprechen. Batterien gelten als Schlüsseltechnologie in Richtung Nachhaltigkeit. Für die Hersteller stehen kurzfristig höheren Kosten längerfristig robustere Lieferketten gegenüber.
Und auch beim System der Emissionszertifikate, das in den vergangenen zwei Jahren für einige Institutionelle sehr attraktiv geworden ist, weil sich hier die Preise sehr gut gehalten haben, gibt es Anpassungen. Abgesehen vom Einbezug weiterer Branchen in das System ist die Einführung des „Carbon Border Adjustment Mechanism“ die wichtigste. Europäische Unternehmen werden damit vor Billig-importen aus Ländern ohne entsprechende Umweltstandards geschützt. Unverändert bleibt für die europäischen Unternehmen der starke Anreiz, ihre eigenen Emissionen laufend zu reduzieren. Für Investoren ist das eine gute Nachricht: Die Geschäftsmodelle und Innovationen der fortschrittlichen Firmen werden zusätzlich geschützt. Zweitbeste und wenig umweltverträgliche Lösungen sind zukünftig in Europa teurer.
Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von nachhaltigem Investieren berichtet Märkte & Zertifikate weekly an dieser Stelle jede Woche über Neuigkeiten am ESG-Markt sowie über die vielfältigen Aktivitäten von BNP Paribas in diesem Bereich.
Matthias Niklowitz
Matthias Niklowitz ist Analyst und Journalist in Zürich (Schweiz). Themenbereiche sind Innovationen, Nachhaltigkeit und Technologie. Nach dem Studium in Zürich (Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftswissenschaften) arbeitete er in der universitären Forschung, bei Wirtschaftsmedien, in Banken und in Think Tanks in der Schweiz, in Frankreich, in Grossbritannien und in Deutschland. Matthias Niklowitz ist verheiratet, zur ganzen Familie gehören vier Kinder.
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